Arbeit & Wirtschaft

Städte rebellieren: „Ungleichbehandlung nicht akzeptabel!“

Die Bürgermeister der drei Statutarstädte Linz, Wels und Steyr machen in Sachen Gemeindepaket gemeinsam Front gegen das Land Oberösterreich

Getäuscht und enttäuscht fühlen sich die Bürgermeister von Linz und Steyr, Klaus Luger und Gerald Hackl, durch die gestern bekannt gewordenen Details zum oberösterreichischen Gemeindepaket. „Wir wurden persönlich von Landeshauptmann Stelzer am 23. Juli informiert, dass es sich bei den 50 Millionen Euro Zuschuss für Oberösterreichs Gemeinden um frisches Geld handelt. Darunter verstanden und verstehen wir nach wie vor, dass das Land explizit zusätzlich Geld zur Verfügung stellt, um es allen Kommunen zukommen zu lassen“, so Luger und Hackl.

„Gestern wurde nun in der Landesregierung beschlossen, dass diese Mittel lediglich ein geliehener Vorgriff auf Gemeindegeld darstellen. Das bedeutet, dass die Gemeinden sich diese Förderung ohnehin wieder selber zahlen, aus einem Topf, für den die Statutarstädte überproportional Nettozahler sind. Unter diesen Umständen ist die Ungleichbehandlung endgültig inakzeptabel“, erklären die beiden Bürgermeister weiter. „Außerdem fehlt es nach wie vor an einem Konzept, wie den Kommunen der massive Ausfall an Kommunalsteuer ersetzt wird, der lediglich die Gemeinden, nicht jedoch das Land trifft“, ergänzt der Bürgermeister der dritten Statutarstadt, Andreas Rabl aus Wels. Angesichts der jahrzehntelangen Übervorteilung der Kommunen beim inneroberösterreichischen Finanzausgleich, die der Landesrechnungshof alleine für das Jahr 2019 mit einer Rekordsumme von 367 Millionen Euro zu Gunsten des Landes bezifferte, sei die wiederholte nachteilige Behandlung der Gemeinden durch das Land jedenfalls nicht nachvollziehbar, so die Bürgermeister.

Fakt 1: Aus Bonus wurde zurückzuzahlender Vorschuss

„Da gestern behauptet wurde, es würden in der Kritik am Gemeindepaket Fakten verdreht, liefern wir gerne Fakten nach“, meint heute der Vorsitzende des OÖ. Städtebundes und Linzer Bürgermeister Klaus Luger. In einem Telefonat am 23. Juli informierte Landeshauptmann Thomas Stelzer das Linzer Stadtoberhaupt, dass er ein Gemeindepaket plane, in dem unter anderem auch für Statutarstädte zusätzliche Mittel („frisches Geld“) ausgeschüttet werden sollen. „3,4 Millionen Euro von 50 Millionen Euro für Linz – das entspricht mit weniger als sieben Prozent der Gesamtsumme. Linz weist jedoch knapp 15 Prozent der oberösterreichischen Gesamtbevölkerung aus“, rechnet Luger vor. Oder anders: während eine Bürgerin oder ein Bürger der kleinsten Gemeinde, Rutzenham, dem Land Oberösterreich in der Krise immerhin mehr als 40 Euro Sonderzuschuss wert ist, darf eine Linzerin oder ein Linzer nur mit weniger als 17 Euro zu Buche schlagen. Selbiges gilt etwa auch für die Welser Bevölkerung. „Wir sind diese Ungleichbehandlung durch das Land gewohnt, werden meist bei solchen Sonderfinanzierungen für Gemeinden gar nicht berücksichtigt, obwohl wir die größten Nettozahler an das Land sind“, erklärt Bürgermeister Klaus Luger.

Weil aber der Eindruck erweckt wurde, hier würde tatsächlich zusätzliches Geld vom Land, ein Bonus, für die Kommunen zur Verfügung gestellt und dabei nicht gänzlich auf die Statutarstädte vergessen, hat Luger das Vorgehen zunächst begrüßt. „Auch in der Pressekonferenzunterlage der Landesregierung vom 24. Juli ist zwei Mal von einer Erhöhung der Bedarfszuweisungsmittel und einmal von einem Erlassen früherer Darlehen die Rede. Umso überraschter war ich, als ich gestern hören musste, dass diese angebliche Erhöhung wieder nur geliehenes Geld ist, das in weiterer Folge von den Gemeinden zurückbezahlt werden muss – aus einem Topf, in den die Statutarstädte überproportional einzahlen. Unter diesen Umständen ist das Paket völlig inakzeptabel, weil es eine doppelte Ungleichbehandlung darstellt: unsere Bürgerinnen und Bürger erhalten bis zu 60 Prozent weniger ausbezahlt als BürgerInnen anderer Gemeinden, müssen jedoch deutlich mehr zur Rückzahlung beitragen“, meint Bürgermeister Klaus Luger.

Fakt 2: Statutarstädte bekommen keine Hilfe bei der Kommunalsteuer

Die aktuelle Krise trifft alle Menschen hart. Die Gebietskörperschaften sind insbesondere durch den Entfall von Einnahmen betroffen, wobei Bund, Land und Kommunen gemeinsam weniger aus Bundessteuern erhalten, die Gemeinden allerdings zusätzlich – und alleine – vom Entfall der Kommunalsteuern betroffen sind. „Alleine in Wels werden wir aufgrund der Arbeitslosigkeit und der Kurzarbeit mindestens fünf Millionen Euro an Kommunalsteuer verlieren, ein wesentlicher Bestandteil des prognostizierten Gesamteinnahmenverlustes für die Stadt von 15 bis 20 Millionen Euro“, erklärt Bürgermeister Andreas Rabl.

„Zugleich sind wir in der sozialen Infrastruktur besonders gefordert, sollen den Verzicht auf Elternbeiträge in der Kinderbetreuung genauso schultern wie Förderungen für die lokale Wirtschaft und öffentliche Investitionen tätigen, um die Konjunktur anzukurbeln. Ohne mehr Unterstützung durch Land und Bund werden das viele Kommunen nicht schaffen“, so das Welser Stadtoberhaupt weiter. Das Klagen des Landeshauptmanns, dass er aus Bundessteuern mehr verlieren würde als alle Gemeinden zusammen, kann Rabl nicht nachvollziehen: „Das zeigt doch nur, wie ungerecht die Verteilung der Mittel ist. Die Gemeinden erhalten österreichweit 16 Prozent aus Bundessteuern, die Länder mit 31 Prozent beinahe doppelt so viel. Dabei wird allerdings übersehen, dass den Gemeinden immer mehr Aufgaben zur Finanzierung übertragen wurden: in der Kinderbetreuung, in der Altenpflege, in der Gesundheitsversorgung, in der Armutsbekämpfung, im Verkehr – überall sind die Kommunen gefordert. Die gemeindeeigenen Kommunalsteuern, die wir zur Schaffung guter Rahmenbedingungen für den Wirtschaftsstandort einsetzen sollten, müssen dabei immer öfter für die Mitfinanzierung der Aufgaben von Bund und Land verwendet werden. Das ist nicht fair. Deshalb fordern wir als Oberösterreichischer Städtebund, dass es einerseits ein Gesamtkonzept zur Bewältigung der Krise braucht, bei dem der Entfall der Kommunalsteuer besonders berücksichtigt wird, und andererseits einen neuen, gerechteren inneroberösterreichischen Finanzausgleich ab 2022“, betont Bürgermeister Andreas Rabl.

Fakt 3: Gemeinden sollen sich Krisenförderung wieder selber zahlen

In das gleiche Horn wie seine Amtskollegen stößt auch der Steyrer Bürgermeister Gerald Hackl: „Auch mir wurde persönlich vermittelt, es handle sich insbesondere beim 50-Millionen-Euro Sonderzuschuss um zusätzliches Geld des Landes für die Gemeinden. Es ist schon ungerecht genug, dass die Statutarstädte von den weiteren 25 Millionen Euro ausgeschlossen sind, die zur Abholung der Mittel aus dem Kommunalinvestitionspaket des Bundes dienen sollen“, meint das Stadtoberhaupt von Steyr. Auch dieses Investitionspaket wurde der Öffentlichkeit besser verkauft, als es tatsächlich ist: „Viele kurzfristig wirksamen Investitionen mussten erst mühsam hineinverhandelt werden. Und für jeden Euro, den der Bund zur Verfügung stellt, muss die Gemeinde zuerst selber einen Euro aufstellen, obwohl wir durch Entfall der Kommunalsteuer im Vergleich zu Bund und Land besoders und unmittelbar von der Wirtschaftskrise betroffen sind“, erklärt Hackl.

Dem Land würde es gut anstehen, zumindest jetzt im Krisenjahr großzügiger zu sein. „Der Landesrechnungshof hat nachgerechnet, dass alleine im Rechnungsabschluss des Landes für das Jahr 2019 rund 367 Millionen Euro stecken, die die Gemeinden zum positiven Ergebnis des Landes beigetragen haben. 367 Millionen Euro, die wir mehr für Aufgaben des Landes ausgeben mussten, als von diesem in die Gemeinden zurückgeflossen sind. Wenn die Landesregierung jetzt ein Gemeindepaket von 344 Millionen Euro präsentiert, ist das grundsätzlich begrüßenswert. Es ist für mich auch nachvollziehbar, dass nur ein Teil dieser Mittel tatsächlich zusätzliches Geld für die Kommunen ist, während der Rest lediglich die Garantieerklärung darstellt, dass das Land an allen für 2020 zugesagten Förderungen festhält, oder die Gemeinden zumindest buchhalterisch entlastet. Nicht gutheißen kann ich allerdings, wenn das versprochene zusätzliche Geld tatsächlich nur ein Vorgriff auf künftige Gemeindeeinnahmen ist, noch dazu, wenn es wieder nur jenen Teil betrifft, von dem auch die Statutarstädte profitieren sollten. Eine Förderung, bei der sich die Gemeinden letztlich die jetzt erhaltene Unterstützung in Zukunft erst recht wieder vom Mund absparen müssen, ist keine Förderung. Ich halte das eines Landes, das Jahr für Jahr durch dreistellige Millionenbeträge aus Umlagen von den Gemeinden Profit zieht, nicht für würdig“, schließt Bürgermeister Gerald Hackl.

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