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Sozialdemokratie in Oberösterreich von 1918 bis 1934

Neue Publikation des Archivs der Stadt Linz erschienen

Das Archiv der Stadt Linz präsentiert mit „Sozialdemokratie in Oberösterreich von 1918 bis 1934“ eine neue Publikation. Autor der umfangreichen Studie ist Dr. Herbert Edlinger.

Der inhaltliche Schwerpunkt des Buches konzentriert sich einerseits auf die historische Darstellung der oberösterreichischen Sozialdemokratie von 1918 bis 1934 und andererseits auf die Struktur ihrer Organisation in der Zwischenkriegszeit.

Bürgermeister Klaus Luger zeigt sich erfreut, dass mit diesem Werk eine große Forschungslücke in der oberösterreichischen und Linzer Geschichte der Zwischenkriegszeit geschlossen werden konnte:

„Die Publikation überzeugt nicht nur durch die umfassende Darstellung der unterschiedlichen politischen Kräfte in Stadt und Land, sondern ermöglicht auch einen vertieften Einblick in die Zusammenarbeit der demokratischen politischen Parteien unter denkbar schwierigen Rahmenbedingungen.“

Auch Bildungsstadträtin Mag.a Eva Schobesberger ist von dem detailreichen Buch beeindruckt: „Es werden viele Einblicke in die sozialen und gesellschaftspolitischen Veränderungsprozesse in der demokratischen Ersten Republik gegeben. Dem Autor Dr. Herbert Edlinger und dem Archiv der Stadt Linz möchte ich für diese Publikation meinen Dank aussprechen.“

Sozialdemokratische Bewegung und Partei waren in Oberösterreich bis zum Ende der Monarchie vergleichsweise klein geblieben. Spätestens in den letzten Kriegswochen 1918 zeichnete sich jedoch ab, dass für die Sozialdemokratie im Lande bessere politische Zeiten anbrechen würden. Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen wurden in provisorische Vertretungskörperschaften und Exekutiven kooptiert. Soldatenrat, Volkswehr und Arbeiterrat wirkten wesentlich an der Herstellung der öffentlichen Sicherheit und der Sicherung der Nahrungsmittelversorgung mit. Mit der Ausrufung der Republik und der Einführung des allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Verhältniswahlrechts waren gesetzlich relevante Grundlagen für die reformorientierte Partei gegeben. Das Wahlergebnis in die Konstituierende Nationalversammlung im Februar 1919 dokumentierte den großen Aufschwung in Oberösterreich. Der Stimmenanteil konnte gegenüber der letzten Reichsratswahl von 1911 verdoppelt werden. Das Landtagswahlergebnis des Jahres 1919 bestätigte den Aufwärtstrend. In zahlreichen Städten und Industriegemeinden erlangte die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) die Mehrheit in Gemeindevertretungen und damit die Position des Bürgermeisters.

Nach der Nationalratswahl 1920, deren Ergebnis ein erster Rückschlag war, wechselte die Sozialdemokratische Partei in die Opposition. In Ländern wie in Oberösterreich befand sie sich weiterhin in Regierungsverantwortung mit den bürgerlich-bäuerlichen Parteien. Hierzulande herrschte unter den Parteieliten weitgehend ein Konsensklima, während an der sozialdemokratischen Basis die Konfliktbereitschaft höher war. Nach einem kurzen Mitgliedereinbruch folgte in der Zeit der Inflationskonjunktur eine zweite Beitrittswelle zu den Freien Gewerkschaften und der SDAP. Aus den ersten Arbeiterkammerwahlen 1921 gingen die Freien Gewerkschaften als klare Sieger hervor. Anfang der 1920er Jahre blühte die Arbeiterkulturbewegung in Oberösterreich auf. Zahlreiche Vereine und Ortsgruppen entstanden, viele Menschen betätigten sich hier. In dieser Phase kam es vermehrt zu außerparlamentarischen Protesten und Kundgebungen, auch der Kulturkampf loderte auf.

Die Landtagswahl 1925, der ein heftiger Klassenwahlkampf vorausgegangen war, brachte für die „Gemeinsame Liste“ der bürgerlich-bäuerlichen Parteien wie auch für die SDAP unangenehme Verluste. Das Agrarprogramm 1925 und das „Linzer Programm“ von 1926 bestimmten die ideologische Weichenstellung. Die programmatische Erneuerung wirkte sich mit 30 Prozent sehr positiv auf das oberösterreichische Ergebnis der Nationalratswahl 1927 aus. In Reaktion auf den Wiener Justizpalastbrand 1927 machte die Wiener SDAP-Führung den Republikanischen Schutzbund zur Parteiarmee. Die oberösterreichischen Gemeindewahlen 1929 fielen deutlich besser aus als 1924. Die seit 1930 andauernde Wirtschaftskrise und ihre sozialen Folgen verschlechterten jedoch die Situation für die Sozialdemokratie erheblich. Bei der Landtagswahl 1931, dem letzten Urnengang, konnte sich die SDAP zwar gegenüber der Wahl 1925 steigern, nicht jedoch im Vergleich zur letzten Nationalratswahl. Die Geschäftsordnungspanne in der Nationalratssitzung am 4. März 1933 nützte das Dollfuß-Regime dazu, das Parlament auszuschalten. Der Widerstand der Sozialdemokratie blieb aus. In völliger Verkennung der Lage erwartete die SDAP-Führung die baldige Rückkehr zur Demokratie. Der Bürgerkrieg im Februar 1934 bedeutete das Ende der Sozialdemokratischen Partei nicht nur in Oberösterreich, sondern in ganz Österreich.

Der Autor Dr. Edlinger geht in seiner Publikation auch auf die Parteiorganisation der Sozialdemokratie ein. Mit der großen Organisationsreform vor dem Ersten Weltkrieg waren auf Reichsebene die Grundstrukturen für eine Massenpartei geschaffen worden. Binnen kurzer Zeit wurden neben den bereits in Städten und Industrieorten bestehenden Organisationseinheiten in vielen Gemeinden neue Ortsgruppen errichtet. Das weitere Vordringen in die Dörfer verlangsamte sich aber bald, da der Gegensatz zur bäuerlich-katholischen Lebenswelt zu groß war. In Oberösterreich bildeten größere Betriebe sozialdemokratische Keimzellen, die wie verstreute Inseln auf dem Land verteilt und nur an wenigen Orten höher konzentriert waren.

Das Buch „Sozialdemokratie in Oberösterreich 1918-1934“ von Dr. Herbert Edlinger umfasst 847 Seiten und enthält zahlreiche Tabellen und Abbildungen. Es ist im Archiv der Stadt Linz sowie im Buchhandel zum Preis von 40 Euro erhältlich.

Archiv der Stadt Linz
archiv@mag.linz.at

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