Leben & Stadt

E-Scooter-Verleiher erhalten Verhaltenskodex

11 Punkte-Programm für mehr Verkehrssicherheit

Seit 1. März 2019 steht in Linz ein E-Scooterverleih zur Verfügung. Bis dahin waren Elektroroller großteils ein Novum im Verkehrsgeschehen der Landeshauptstadt. In den ersten sechs Monaten ging es auch darum, sowohl seitens der Betreiber als auch seitens der Stadt Linz Erfahrungen mit der E-Mobilität im Stadtverkehr zu sammeln.

Durch die verhältnismäßig starke Auslastung der E-Scooter wurde es notwendig, eine verbindliche Vereinbarung zwischen der Stadt Linz und den Unternehmern zu schließen. Dieser Verhaltenskodex basiert auf den Erfahrungen in verschiedenen europäischen Städten sowie den spezifischen Anforderungen der Linzer Verkehrsplanung. Mittels klarer Regelungen soll überdies eine effiziente Zusammenarbeit zwischen den betreibenden Unternehmern und der Stadt Linz sichergestellt werden. Wenn das auf diesem Weg nicht durchgesetzt werden kann, bildet der Verhaltenskodex die Grundlage für eine polizeiliche Regelung.

11 Punkte-Programm für Linz

Der Kodex enthält in Form von 11 Punkten die „Dos“ und „Don‘ts“ sowie die Rahmenbedingungen für die Verleihfirmen. Davon gibt es in Linz statt anfänglich sechs derzeit noch drei. Durch die Selbstregulierung des Markts ist die Zahl der Scooter also zurückgegangen. Der Verhaltenskodex umfasst sowohl die gesetzeskonforme Ausstattung der E-Scooter, das Abstellen der Geräte als auch den Informationsaustausch mit der Stadt, die Pflichten für die Vermieter, wie ordentlich gewartete und verkehrstüchtige Scooter, als auch eine Limitierung der Geschwindigkeit auf  20 km/h bzw. 10 km/h in sensiblen Bereichen, wie zum Beispiel in den Fußgängerzonen.

Die Vereinbarungen im Detail

I. Verwendete E-Scooter: Die Betreiber weisen nach, dass die verwendeten E-Scooter den einschlägigen gesetzlichen Anforderungen und Normen entsprechen.

II. Wartung und Qualitätskontrolle: Die Betreiber stellen eine fach- und sachgerechte Wartung und Qualitätskontrolle der verwendeten E-Scooter mit eigenem Personal vor Ort sicher. Aus Gründen des Arbeitnehmerschutzes und der öffentlichen Sicherheit verzichten die Betreiber auf ein sogenanntes Freelancer-Modell.

III. Sicherheitsmaßnahmen: Die Betreiber empfehlen ihren Nutzern unmissverständlich, Helme zu verwenden und die Verkehrsregeln sowie die Sicherheit von Fußgängern zu beachten. Die Betreiber kommunizieren den Benutzern fortlaufend, wo die Nutzung von E-Scootern in Linz untersagt ist. Alle registrierten Unfälle mit Personenschaden werden der Stadt Linz innerhalb zwei Wochen zu statistischen Zwecken und zur Gewährleistung der langfristigen Sicherheit gemeldet.

Die Betreiber verpflichten sich zur Reduktion der Geschwindigkeit von E-Scootern
a. in besonders sensiblen Bereichen auf 10 km/h sowie
b. im übrigen Stadtgebiet auf 20 km/h.

Die besonders sensiblen Bereiche werden seitens der Stadt festgelegt. Derzeit sind dies Fußgängerzonen und sämtliche innerstädtische Parkanlagen, sofern dort die Nutzung nicht ohnehin untersagt ist. Insbesondere davon betroffen sind der Volksgarten, Schillerpark, Hessenpark, Stadtpark, Schlosspark, Bauernbergpark, Andreas-Hofer-Park und KUK-MedCampus-Park.

Die Betreiber verpflichten sich zur Entfernung der E-Scooter bei Veranstaltungen im Innenstadtbereich, bei denen von einer größeren Menschenansammlung auszugehen ist. Bei welchen Veranstaltungen und in welchem Ausmaß die Entfernung notwendig ist, wird im Vorfeld vom Stadtpolizeikommando Linz festgelegt. (z.B. Linzer Krone-Fest, Linz Marathon, Sparkasse City Night Run, Linzer Altstadt-Weinfest „Wein & Kunst“ und Linzer Genusslandstraße)

IV. Reaktion auf unvorhergesehene Ereignisse: Die Betreiber weisen die strukturelle und wirtschaftliche Fähigkeit nach, auf unvorhergesehene Ereignisse schnell reagieren zu können.
(z. B. Ansammlung einer großen Anzahl von E-Scootern an einer bestimmten Stelle, Behinderung von wichtigen Verkehrswegen,  …)

V. Verteilung und Nachtruhe: Die Betreiber verpflichten sich, dass je Standort maximal fünf E-Scooter pro Betreiber aufgestellt werden. Im Zeitraum von 22 Uhr bis 6 Uhr darf sowohl bei der Abholung wie auch bei der Verteilung zu den Verleihstandorten die Nachtruhe nicht gestört werden. Bei der Verteilung der E-Scooter verpflichten sich die Betreiber, zur Einhaltung folgender Vorgaben:
a. kein Abstellen in Radabstellanlagen
b. kein Abstellen vor Zugängen/Einfahrten
c. kein Abstellen in Haltestellen, auf Rad- oder Gehwegen
d. kein Abstellen auf Gehsteigen mit weniger als 2,5 m Breite
e. kein Abstellen auf taktilen Einrichtungen

VI. Nutzungsrate: Die Betreiber geben die allgemeinen örtlichen Beschränkungen ihres Systems und die Anzahl von verwendeten E-Scootern bekannt. Weiters geben sie etwaige Planungen für die Ausweitung des Systems, die beabsichtigte Zielauslastung (z.B. mindestens 1 Fahrt pro E-Scooter und Tag) sowie den Verteilungsplan bekannt. Die Übermittlung der Daten erfolgt vierteljährlich durch die Betreiber an die Stadt Linz oder wenn diese die Betreiber dazu entsprechend auffordert. Wenn ein Betreiber die angestrebten Ziele nicht erreicht, ergreift er umgehend Maßnahmen. (z.B. Anzahl der E-Scooter begrenzen, Umverteilung verbessern, Marketing optimieren).

VII. Parkplätze/-zonen: Ausgewiesene Parkplätze/Parkzonen sowie Parkverbotszonen können jederzeit seitens der Stadt Linz vorgegeben werden, wenn dies für notwendig erachtet wird. Die Betreiber erbringen den Nachweis, dass sie eine dafür notwendige Funktion zur Anzeige von Parkplätzen/Parkzonen sowie Parkverbotszonen jederzeit in ihrer Applikation implementieren können. Die Einrichtung von Parkplätzen/Parkzonen sowie Parkverbotszonen in der Applikation erfolgt binnen 14 Tage nach Bekanntgabe der Stadt Linz durch die Betreiber.

VIII. Sitz & Ansprechpartner: Die Betreiber müssen dauerhaft in Österreich niedergelassen sein. Eine verantwortliche Person vertritt den Betrieb in Österreich und ist für die Diskussion und Behebung von Problemen, welche die Stadt gegenüber dem Betreiber aufzeigt, erreichbar. Amtssprache für alle Gespräche mit dem Betreiber ist deutsch.

Der Betreiber gibt überdies einen Ansprechpartner bekannt (samt Telefonnummer und E-Mailadresse), an den die Stadt Linz und die Polizei Anfragen von Bürgern bzw. Nutzern direkt weitergeben darf. Dieser Ansprechpartner hat für Anliegen der Stadt sowie für Bürgerbeschwerden jedenfalls zwischen 6 Uhr und 18 Uhr telefonisch erreichbar zu sein.

IX. Datenaustausch: Die Unternehmen stellen der Stadt Nutzungsdaten (z.B. Heatmap, gefahrene Kilometer oder Anzahl Entlehnungen) in anonymisierter Form auf deren Anfrage für Planungszwecke zur Verfügung.

X. Vermeidung von Missständen: Es liegt in der Verantwortung der Unternehmen, die E-Scooter-Nutzer zur Einhaltung der Verkehrsregeln zu bewegen (z.B. keine Gehsteige zu befahren). Ziel der Betreiber ist es, den Nutzern das Fahren und Parken von E-Scooter zu erleichtern, indem sie Aufklärungsmaßnahmen ergreifen und nicht konformes Parken sanktionieren. Solche Maßnahmen sollten tunlichst in die Nutzungsbedingungen der Applikation aufgenommen werden. Insbesondere haben die betreibenden Unternehmer die Nutzer in diesem Zusammenhang mittels Applikation auf das richtige Abstellen hinzuweisen (keine Sicherheitsgefährdung, kein öffentliches Ärgernis, möglichst platzsparend) und bei einer fortgesetzten Missachtung von einer Nutzung auszuschließen.

E-Scooter, die eine Behinderung darstellen, sind vom Betreiber binnen drei Stunden nach Meldung zu entfernen. Bei Gefahr in Verzug oder Nichteinhaltung obiger Frist können E-Scooter jederzeit auf Kosten des Betreibers durch die Stadt Linz entfernt werden.

XI. Sollten einzelne Bestimmungen dieser Vereinbarung unwirksam oder undurchführbar sein oder nach Abschluss unwirksam oder undurchführbar werden, bleibt davon die Wirksamkeit der Vereinbarung im Übrigen unberührt. An die Stelle der unwirksamen oder undurchführbaren Bestimmung soll diejenige wirksame und durchführbare Regelung treten, deren Wirkung der Zielsetzung dieses Verhaltenskodex am nächsten kommt.

Verhalten der Scooterfahrerinnen und -fahrer

Für das Verhalten mancher rücksichtsloser Scooter-Benutzer können nicht die Betreiber verantwortlich gemacht werden. Daher gilt es Aufklärungsarbeit zu leisten.

Für E-Scooter gelten seit Sommer dieses Jahres die gleichen Regelungen wie für Fahrräder. Als Verkehrsmittel in österreichischen Städten und so auch in Linz sind sie jedoch relativ neu. Der richtige Umgang mit dem Elektroroller ist für viele Benutzer also noch ein Lernprozess. So kann die Geschwindigkeit unterschätzt werden und es kommt dadurch zu Gefahrenmomenten – für die Scooterlenker selbst und ebenso für den Fußgänger- und PKW-Verkehr. Probleme gab es laut dem Verkehrsreferat der Bundespolizeidirektion Linz bisher vor allem in der Innenstadt und hier vor allem mit jüngeren Scooter-Fahrern.

Störendes Abstellen soll vermieden werden

Der mit den Betreibern vereinbarte Verhaltenskodex zielt auch darauf ab, das störende Abstellen der Scooter auf den Gehsteigen, das bisher häufigen Anlass für Beschwerden lieferte, zu vermieden. Dazu gehört beispielsweise, eine Funktion zur Anzeige von Parkplätzen/Parkzonen sowie Parkverbotszonen in die Scooter-Applikation zu implementieren.

Der Verhaltenskodex umfasst also im Wesentlichen nicht nur die gesetzeskonforme Ausstattung der E-Scooter, sondern auch das Abstellen der Geräte und den Informationsaustausch mit der Stadt. Sollte der Verhaltenskodex keine Besserung bringen, wäre ähnlich wie in Wien eine Verordnung auch für Linz denkbar, die eine Reduktion der E-Scooter pro Anbieter sowie eine Registrierungspflicht enthält.

Kontrollen gepaart mit Aufklärung

Seitens der Bundespolizeidirektion Linz setzt man einerseits auf Aufklärung und andererseits auf fortgesetzte Kontrollen. Für Scooterlenker gilt dieselbe Promille-Grenze (0,8 Promille) wie für Radfahrerinnen und Radfahrer. Das gleiche gilt für Beeinträchtigungen durch psychotrope Substanzen.

„Oft sind sich die Leute nicht bewusst, dass ein Aufprall mit 25 Kilometer pro Stunde die gleichen Folgen hat wie ein Sturz aus 2,5 Meter Höhe.Auch das unbefugte Benützen durch mehr als eine Person birgt Gefahren. In diesen Bereichen möchten wir aufklärend wirken. Durch überhöhte und den Verhältnissen nicht angepasste Geschwindigkeit gefährden die Scooter-Nutzerinnen und -nutzer nicht nur andere Verkehrsteilnehmer, sondern auch sich selbst. Auch Fahren mit Helm sollte so wie beim Fahrrad Standard sein.“

Oberst Heinz Felbermayr, Stadtpolizeikommando Linz

 

 

 

 

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