Arbeit & Wirtschaft

Demografische Entwicklung verschärft Arbeitskräftemangel zwangsläufig

Arbeitslosigkeit innerhalb eines Jahres um 28 Prozent gesunken

Die nach dem Höhepunkt der Pandemie und den Lockdowns so überraschend wie glücklicherweise rasch angelaufene Konjunktur macht zwei weitere Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort sichtbar. „Vor allem die Industrieproduktion kämpft mit einem Mangel an Arbeitskräften und Rohstoffen“, weiß das Stadtoberhaupt der Industriestadt Linz, Bürgermeister Klaus Luger, zu berichten. In puncto Arbeitskräfte sieht Luger die Politik gefordert: „Dabei braucht es zuerst eine klare Faktenanalyse. Wie das Coronavirus wird nämlich auch der Arbeitskräftemangel nicht einfach verschwinden. Ganz im Gegenteil zeigt die demografische Entwicklung auf, dass sich diese Herausforderung verschärfen wird“, meint der Linzer Bürgermeister. Darum müssen durch Digitalisierung und neue Technologien die Effizienzsteigerungen so weit wie möglich vorangetrieben werden. Zudem sollten in der Arbeits-Migration neue Wege beschritten werden, etwa durch eine grundlegende Neugestaltung der Rot-Weiß-Rot-Karte. 

Arbeitslosigkeit innerhalb eines Jahres um 28 Prozent gesunken

Im August 2021 waren in Linz-Stadt 7.593 Menschen arbeitslos gemeldet, um 28 Prozent weniger als genau ein Jahr zuvor. Dabei ist die Zahl der arbeitssuchenden Männer innerhalb der letzten zwölf Monate um 32 Prozent gesunken, jene der arbeitsuchenden Frauen nur um 23 Prozent. Im Vergleich zum Vormonat Juli ist die Gesamtzahl der Arbeitsuchenden um knapp ein Prozent gestiegen.

„Die Konjunktur hat sich so glücklicherweise wie durchaus überraschend äußerst schnell erholt. Das führt zu der paradoxen Situation, dass sie sich mittlerweile selber wieder ausbremst, wie das Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO kürzlich feststellte“, analysiert Bürgermeister Klaus Luger die Situation. Für das WIFO hauptverantwortlich für dieses „Bremsmanöver“ ist der zunehmende Mangel an Materialien für die Industrieproduktion. „Jeder dritte Industriebetrieb klagt demnach über Materialmangel, die Lagerbestände schrumpfen rapide. Für einen Industriestandort wie Linz und Oberösterreich ist dies natürlich besonders heikel“, meint das Linzer Stadtoberhaupt. Hier wird die lokale und regionale Politik wohl kaum Abhilfe schaffen können.

Aber auch ein anderer Mangel beschäftigt die gesamte Wirtschaft, und das ist jener an Arbeitskräften. „Vom Gastgewerbe, das laut WIFO-Konjunkturbericht insbesondere im Sommer den Konjunkturaufschwung getragen hat, bis zum Linzer Industrieunternehmen – egal, wohin ich komme, überall werde ich mit der Sorge konfrontiert, dass es immer schwieriger werde, Personal zu finden“, so Luger. Dabei würden viele Betriebe im Gegensatz zu früheren Jahren weniger darüber klagen, dass es schwer sei, gut oder wenigstens ausreichend qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finde: „Viele wären froh, wenn sie überhaupt Arbeitskräfte hätten, die sie für die jeweilige Dienstleistung oder Produktion einschulen oder aufqualifizieren könnten“, berichtet Bürgermeister Klaus Luger. Hier muss die Politik nüchtern die Ursachen analysieren und daraus die richtigen Schlüsse ableiten: „Denn bei der Bewältigung dieser Herausforderung können wir die Unternehmen sehr wohl unterstützen“, meint das Linzer Stadtoberhaupt.

Dabei zeigt sich alleine an der Entwicklung der Lehrlingszahlen, woher der aktuelle Fachkräftemangel im Wesentlichen kommt:

„Eine der wesentlichsten Ursachen für die aktuelle Situation liegt in diesem kontinuierlichen Rückgang der Lehrlinge. Dabei aber nur auf das Lehrstellenangebot zu schielen, wird einer sachlichen Analyse nicht gerecht. Für die Zukunft liegt die größere Herausforderung für den Arbeitsmarkt in der generellen demografischen Entwicklung.“

Bürgermeister Klaus Luger

1.742 kommen – 2.353 gehen: Generationen-Gap verschärft Arbeitskräftemangel

Betrachtet man die Bevölkerungsstruktur von Linz, zeigt sich relativ rasch, dass es vor allem die demografische Entwicklung ist, die den Arbeitskräftemangel weiter verschärfen wird.

„Mit 1. Jänner 2021 waren 1.742 Linzerinnen und Linzer 15 Jahre alt, kamen also in das erwerbsfähige Alter, in dem sie etwa eine Lehre beginnen. 2.353 Linzerinnen und Linzer waren hingegen 64 Jahre alt, näherten sich also dem gesetzlichen Ende ihrer beruflichen Laufbahn“, zitiert Bürgermeister Klaus Luger aus der Statistik. „Der Gap, also die Differenz zwischen jenen, die aus dem Beruf ausscheiden, und jenen, die ins Berufsleben einsteigen könnten, beträgt also 611 Personen“, rechnet das Linzer Stadtoberhaupt vor.

Selbstverständlich sei das eine sehr vereinfachte Rechnung: „Linz ist mit seinen rund 210.000 Arbeitsplätzen bei weniger EinwohnerInnen immer auf PendlerInnen angewiesen gewesen. Zudem waren wir in den vergangenen Jahren immer Migrationsgewinner“, erklärt Klaus Luger. Nichtsdestotrotz sei diese Entwicklung seit langem der eigentliche Kern der Herausforderung: Noch 2016 standen 1.750 15-Jährige 1.927 64-Jährigen gegenüber. „Lässt man Wanderungsbewegungen außer Acht, so sind in den vergangenen fünf Jahren rund 8.300 junge Menschen ins erwerbsfähige Alter gekommen – und 10.600 erreichten das gesetzliche Pensionsalter“, zeigt Bürgermeister Klaus Luger auf.

Trend verschärft sich: bis 2026 erreichen rund 12.400 Menschen das gesetzliche Pensionsalter – lediglich 8.800 Menschen kommen ins erwerbsfähige Alter

Vergleicht man rein die verfügbaren Bevölkerungsdaten, so zeichnet sich ein verschärfter Trend ab: exakt 12.365 Linzerinnen und Linzer werden aus heutiger Sicht in fünf Jahren das gesetzliche Pensionsalter erreichen. Zählt man die heute 10-15-Jährigen zusammen, so ergibt das auf den Punkt 8.777 Menschen, die im selben Zeitraum ins erwerbsfähige Alter kommen. „Zwischen 2016 und 2021 hat die Differenz zwischen ins Erwerbsleben potenziell eintretenden Menschen und jenen, die aus dem Berufsleben ausscheiden, mehr als 2.300 Personen betragen. Alleine in den kommenden fünf Jahren, wenn man Wanderungsbewegungen und andere Veränderungsfaktoren ausblendet, steigt dieser Gap um 53 Prozent auf über 3.500 Personen“, zeigt Bürgermeister Klaus Luger die Entwicklung auf.

Lösungsansätze:

  • Deregulierung, Digitalisierung und neue Technologien ermöglichen weniger Menschen, die gleiche oder mehr Arbeit zu erbringen
    • Attraktivierung der Vollzeit-Beschäftigung bis zum gesetzlichen Pensionsalter
    • Entrümpelung der Gewerbeordnung
    • Digitalisierungs-Offensive für Klein- und Mittelbetriebe
  • Qualifizierte Arbeits-Migration durch neue Rot-Weiß-Rot-Karte

Es wird also alleine aufgrund der demografischen Entwicklung ein geringeres Arbeitskräftepotenzial geben. Von bisher, etwa von wahlwerbenden Gruppen aus Landesebene, kundgetanen Lösungsansätzen ist Bürgermeister Klaus Luger wenig überzeugt: „Es liegt nicht an fehlenden Ausbildungsplätzen, dass junge Menschen am Arbeitsmarkt fehlen. Verbesserungen im Bildungswesen sind zwar sicher notwendig, lösen aber das reine Mengenproblem nicht. Ich stehe weiter dazu, dass wir nicht am gesetzlichen Pensionsalter drehen müssen. Für meine Berechnungen war es zwar die Grundlage, aber in der Praxis sieht es ohnehin anders aus. Hier braucht es eher Arbeits- und Rahmenbedingungen, die eine Vollzeitbeschäftigung in weitestgehend allen Arbeitsfeldern bis zu dieser Altersgrenze überhaupt ermöglichen“, meint Bürgermeister Klaus Luger.

Weitere Deregulierungsschritte, damit mehr Zeit für die Dienstleistung und Produktion anstatt für Bürokratie frei wird, sind jedenfalls eine Aufgabe der Politik. „Hier muss unser Augenmerk insbesondere auf der Entrümpelung der Gewerbeordnung liegen. Ich unterstütze die Forderungen des Rechnungshofes, der auch die letzte Novellierung als zu wenig weitgehend bezeichnet“, meint Bürgermeister Klaus Luger. So ortete der Rechnungshof in seiner 2019 abgeschlossenen und 2020 im Parlament diskutierten Prüfung der letzten Novellierung nach wie vor bürokratische Hemmnisse durch die Regulierungsmechanismen und empfahl insgesamt eine weitere Vereinfachung des gewerblichen Berufszugangs. Eine Neukodifizierung der Gewerbeordnung, mit dem Ziel, ein zeitgemäßes, übersichtliches und anwenderfreundliches Regelwerk zu schaffen, sei laut Rechnungshof ebenso angeraten. „Auf gut Deutsch: der Dschungel aus zu vielen kleinteiligen Gewerben gehört deutlich gelichtet, man sieht ja vor lauter Gewerbescheinen das eigentliche unternehmerische Betätigungsfeld nicht mehr. Ich denke immer noch an die im Zusammenhang mit der letzten Novelle kolportierten Geschichte einer Gärtnerin, die für die Pflege von Gräbern bis zu vier Gewerbescheine benötigte. Es kann doch nicht sein, dass das Unternehmertum ständig für Partikularinteressen der Wirtschaftskammer ausgebremst wird“, meint Bürgermeister Klaus Luger.

Auch die vom Rechnungshof kritisierte uneinheitliche Vollziehung in der mittelbaren Bundesverwaltung sieht Luger äußerst problematisch: „Da darf es niemanden wundern, wenn Unternehmen sich nicht in Österreich ansiedeln, wenn zwischen St. Valentin und St. Florian ein und dieselbe Gewerbeordnung möglicherweise unterschiedlich ausgelegt wird“, so der Linzer Bürgermeister, der in diesem Zusammenhang einmal mehr auch auf die von ihm schon mehrfach geforderte generelle Staatsreform verweist.

Digitalisierung und die Nutzung neuer Technologien können ebenfalls dazu beitragen, dass Produktionsprozesse und Dienstleistungen effizienter erbracht werden und dadurch die gleiche Menge Arbeit von weniger Arbeitskräften bewältigt werden kann. „Dazu gilt es, die Digitalisierung und den Einsatz neuer Technologien in möglichst vielen Arbeitsbereichen weiter zu forcieren, um Effizienzsteigerungen zu erreichen. Hier heißt es, in Forschung und Förderung zu investieren“, so das Linzer Stadtoberhaupt. Unterstützung würden dabei vor allem Klein- und Mittelbetriebe benötigen: „Große Industriebetriebe zeigen uns eh bereits vor, was mit Digitalisierung alles möglich ist. Kleine und mittlere Unternehmen haben diese Möglichkeiten oft nicht oder erkennen ihre Potenziale nicht. In Linz haben wir genau dafür im Rahmen unseres Digitalisierungsprogramms den Digital Innovation Hub gegründet“, zeigt Bürgermeister Klaus Luger auf. Mit fünf Digitalzentren und 20 Netzwerk-Partnern werden speziell Klein- und Mittelunternehmen dabei unterstützt, die Zukunftschancen der Digitalisierung nutzen zu können.

Auch in der Integrationspolitik sind neue Wege notwendig. Aktuell ermöglicht die Rot-Weiß-Rot-Karte einen Aufenthaltstitel, um in Österreich zu arbeiten oder eine Ausbildung zu absolvieren.

Dabei muss aber jedenfalls bereits ein gesichertes Einkommen in Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes – aktuell für eine Person rund 1.000 Euro – nachgewiesen werden. Auszubildende in Lehrberufen oder Teilzeitbeschäftigte, die zugleich eine Aufqualifizierung absolvieren, tun sich mit diesen K.O.-Kriterium oftmals schwer“, weiß Bürgermeister Klaus Luger. Zudem sei die Liste an Mangelberufen mittlerweile überflüssig, da es beinahe in allen Wirtschaftsbereichen an Arbeitskräften mangelt. „Die Rot-Weiß-Rot-Karte sorgt mit ihrer überbordenden Bürokratie dafür, dass sie unseren Betrieben nicht hilft. Es kommen mehr Profisportler und Künstler in den Genuss dieser Card als Facharbeiter. Das ist umgehend und grundlegend zu ändern“, schließt Bürgermeister Klaus Luger.

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