Menschlichkeit statt Massenquartiere
Großquartiere für Geflüchtete gegen den Willen der Gemeinden und Städte wird es mit der SPÖ nicht geben
Michael Lindner: „Großquartiere für Geflüchtete gegen den Willen der Gemeinden und Städte wird es mit der SPÖ nicht geben! Soziallandesrat entzieht sich seiner Verantwortung“
Klaus Luger: „Soziallandesrat verlässt damit den guten Weg der Zusammenarbeit zwischen Land, Städten und Gemeinden! Gesetzesentwurf gehört zurückgezogen“
Während der Bund bereits Zelte für Asylwerber aufstellt, soll es auch in Oberösterreich künftig möglich sein, Großquartiere für Geflüchtete zu errichten – bisher gibt es eine Obergrenze von maximal 100 Personen je Unterbringungsstandort. Am Donnerstag im Landtagsausschuss werden Änderungen im „Oö. Unterbringungs-Sicherstellungsgesetz“ beschlossen: Die ÖVP-Regierungsvorlage wurde gegen den Willen der SPÖ in die Regierung eingebracht – im Ausschuss für Gesundheit und Soziales steht nun eine schwarz-blaue Mehrheit zur Abstimmung bereit. SP-Klubvorsitzender Michael Lindner und der Linzer Bürgermeister Klaus Luger sprechen sich klar gegen die geplante Novellierung aus – die SP-Fraktion wird den Antrag in der Ausschussrunde am Donnerstag ablehnen.
„Hattmannsdorfer möchte Großquartiere für Geflüchtete gegen den Willen der Gemeinden und Städte durchsetzen – das wird es mit der SPÖ nicht geben! Die Suche nach Asylquartieren und die Versorgung von Geflüchteten ist keine Routinearbeit, sondern ein Knochenjob. Wo bleibt der Dialog mit den Gemeinden auf Augenhöhe?“, so Lindner.
„Die geplante Gesetzesänderung ist für die Städte nicht nachvollziehbar. Soziallandesrat Hattmannsdorfer bestätigte noch vor kurzem, dass in Oberösterreich ausreichend geeignete private Quartiere zur Verfügung stehen würden. Nun sollen Menschen, die aus ihrer Heimatgeflohen sind, wie 2015 wieder in Massenquartieren untergebracht werden. Vor sieben Jahren wollte die damalige Landesregierung die ehemalige Kaserne in Ebelsberg zu einem zweiten Traiskirchen umnutzen. Wir haben uns damals erfolgreich gewehrt. Derartige Unterbringungen erschweren ein halbwegs adäquates Zusammenleben der Flüchtlinge und stoßen bei der Bevölkerung zurecht auf Ablehnung. Es wäre sinnvoll, wenn Landesrat Hattmannsdorfer seinen Gesetzesentwurf zurückzieht“, betont Bürgermeister Klaus Luger.
Hintergrund
Das Oö. Unterbringungs-Sicherstellungsgesetz trat als kurzfristiges Kriseninstrument im Sommer 2015 in Kraft und war ursprünglich für eine rasche Bereitstellung von Flüchtlingsunterkünften vorgesehen. Mit der jetzt eingebrachten Gesetzesvorlage wird das bestehende Gesetz – über die aktuelle Legislaturperiode hinaus – für weitere sechs Jahre verlängert. Mit gravierenden Änderungen: So soll es künftig möglich sein, auch gegen den Willen der Gemeinden temporäre Großquartiere zu errichten. Diesen Punkt lehnt die SPÖ klar ab, noch dazu, da es für Vertriebene aus der Ukraine ohnehin ein Sondergesetz gibt: Nach dem Oö. Unterbringungs- Sicherstellungsgesetz – Ukraine, LGBl. Nr. 35/2022 wurde für Ukrainer:innen bereits eine Sonderregelung geschaffen. „Angesichts des Krieges in Europa war es wichtig, kurzfristig Ausnahmeregelungen zu schaffen. Insgesamt muss das Ziel aber weiterhin sein, Großquartiere zu vermeiden. Wir müssen hier auch auf die Expertise der Betreuungsorganisationen hören – auch sie lehnen Massenquartiere klar ab“, so Lindner.
„Hiermit verlassen wir den guten Weg der Zusammenarbeit und des Miteinanders auf Augenhöhe, welches wir grundsätzlich zwischen Land OÖ und der Stadt Linz aufgebaut hatten. Daraus resultierend richtet sich auch mein Unverständnis gegenüber Landesrat Hattmansdorfer, welcher gegen den Willen der Standortgemeinden agieren möchte“, äußert Bürgermeister und OÖ. Städtebundpräsident Klaus Luger kritisch.
Auch Städtebund und Gemeindebund gegen Massenquartiere
Lindner fordert Hattmannsdorfer auf, die Regierungsvorlage zurückzuziehen: „Mit dieser Gesetzesnovelle sind Tür und Tor geöffnet, gegen den Willen der Gemeinden Großquartiere zu errichten. Noch ist es nicht zu spät. Herr Hattmannsdorfer, beweisen Sie Anstand und ziehen sie die Regierungsvorlage zurück!“, fordert Lindner. Kritik kommt auch vom Oö Gemeindebund und Städtebund – auch sie lehnen in offiziellen Stellungnahmen den Wegfall der Begrenzung auf 100 Personen klar ab. „Es kann nicht sein, dass hier auf Kosten der Gemeinden und ohne Diskussion im Landtag Gesetzesänderungen von Schwarz-Blau einfach durchgewunken werden“, so Lindner.
Großquartiere erschweren Integration: Forderung nach Bürgermeisterkonferenz
Dass Hattmannsdorfer zu wenig mit den Gemeinden arbeitet, belegen aktuellen Asylquoten der Länder: Mit 76% hat Oberösterreich die Vorgaben klar verfehlt. „Hattmannsdorfer fordert Solidarität von Europa ein – jetzt muss er auch im Bundesländerwettstreit liefern und zusehen, dass Oberösterreich seinen Verpflichtungen nachkommt. Die Vergangenheit hat klar gezeigt: Großquartiere sind der falsche Weg. Unterkünfte in Zusammenarbeit mit den Gemeinden zu finden, ist kein leichter Job – am Ende des Tages geht es darum Akzeptanz zu schaffen. Dafür braucht es intensive Gespräche mit den Bürgermeister:innen in den Standortgemeinden und der Bevölkerung vor Ort. Verordnungsdruck ist hier fehl am Platz“, stellt Lindner klar. Er fordert von Hattmannsdorfer intensive Bezirksarbeit ein und das Einberufen einer Bürgermeister:innenkonferenz.
Lindner und Luger sehen in Massenquartieren neben enormen Herausforderungen für die Standortgemeinden, auch aufkommende Probleme bei der Integration vor Ort. „Es geht darum, menschenwürdige Unterkünfte für Geflüchtete zur Verfügung zu stellen und keine Massenquartiere. Integration gelingt besser, wenn Geflüchtete in einem vielfältigen Umfeld leben und die Chance haben, andere Menschen kennenzulernen“, ist Lindner überzeugt. Großquartiere sind enorme soziale Herausforderungen, die Gemeinden zu stemmen hätten. „Wenn dann auch noch gegen den Willen der Menschen vor Ort Quartiere mit hunderten Flüchtlingen errichtet werden, verstehe ich Proteste aus der Bevölkerung. Hattmannsdorfer ist gefordert, gemeinsam mit den Gemeinden und Bürgermeister:innen vor Ort Lösungen zu erarbeiten, anstatt von oben herab zu agieren. Lieber 400 kleine Unterkünfte, anstatt schwarz-blaue Großquartiere mit hunderten Menschen an einem Ort!“, so Lindner.