„Herr Bürgermeister, machen Sie so weiter“
ALLES LINZ bat das Linzer Stadtoberhaupt zum Interview
Seit 2013 lenkt Klaus Luger (SPÖ) als Linzer Bürgermeister die Geschicke der Stadt. Bei der Direktwahl im Jahr 2015 wurde er von 61 Prozent der Linzerinnen und Linzer im Amt bestä-tigt. Nach der Umsetzung wichtiger Projekte und einem erfolgreichen Krisen-Management während der Pandemie stellt er sich nun am 26. September der Wiederwahl.
ALLES LINZ: 2015 wurden Sie mit großer Mehrheit zum Linzer Bürgermeister gewählt. Was waren seither die herausforderndsten und bewegendsten Momente?
Klaus Luger: Am herausforderndsten waren eindeutig der Lockdown am 16. März 2020 und die Monate danach. Der Blick aus meinem Büro auf den menschenleeren Haupt-platz war bedrückend. Es war tatsächlich das gesellschaftliche Leben völlig auf null gestellt. Am bewegendsten war der Zusammenhalt in der Stadt, der sich in den vielen Nachbarschaftshilfen und im gemeinsam beschlossenen „Pakt für Linz“ gezeigt hat.
Der Blick aus meinem Büro auf den menschenleeren Hauptplatz während des Lockdowns hat mich sehr bedrückt.
Und am erfreulichsten oder traurigsten?
Die erfreulichsten Momente der jüngeren Vergangenheit waren sicher die Eröffnung der Neuen Eisenbahnbrücke – und der Meistertitel des FC Blau-Weiß Linz (lacht). Der persönlich traurigste Moment war der Tod meines Vaters vor einem Jahr, der mich mit seiner sozialen Einstellung sehr geprägt hat.
Wie hat sich Linz in den letzten sechs Jahren entwickelt?
An Problemen haben wir vor allem jenes der Brücken gelöst. Und mit dem Innovationsleitbild und seiner Umset-zung haben wir Linz auf den Weg gebracht, die innovativste Stadt Österreichs zu werden. Denn in Linz verstehen wir Digitalisierung als Chance und stellen damit die Weichen für die Arbeitsplätze der Zukunft. Dazu zählt auch die Entwicklung der Tabakfabrik zur Drehscheibe für Innovation, was international Beachtung findet. Durch die Zusammenarbeit aller wichtigen Organisationen, den Zusammenhalt in der Gesellschaft und die Dis-ziplin der Bevölkerung haben wir die Corona-Pandemie gut bewältigt. Die wirtschaftliche Krise ist weitgehend übe-wunden, die Industrie boomt wieder. Mit dem 65 Millionen Euro schweren „Pakt für Linz“ haben wir dazu unseren Beitrag geleistet. Besonders froh – und auch ein bisschen stolz – macht mich, dass wir gemeinsam mit den Verantortlichen auf Landes- und Klubebene eine Lösung für die Stadien von LASK und Blau-Weiß Linz zustande gebracht haben. Dass durch den Neubau der Ballsporthalle in Kleinmünchen auch unsere erfolgreichen Volleyballerin-nen profitieren, rundet dieses Sportstätten-Paket ab.
Die Betriebe erholen sich, die Menschen auch?
Die Mehrheit der Bevölkerung ist trotz aller Beschränkungen gut durch die Krise gekommen. Wir dürfen aber nicht auf jene Menschen vergessen, die an Corona verstorben sind, die einen geliebten Angehörigen verloren haben, die in den Krankenhäusern oft an der Belastungsgrenze arbeiten oder deren wirtschaftliche Existenz nun gefährdet ist. Wir haben viele Kinder, die den Anschluss in der Schule verloren haben. Wir haben Kinder, die in dieser Krise auch körperliche und seelische Schäden erlitten haben, weil sie überhaupt keinen Sport betrieben haben oder ihre sozialen Kontakte verloren gingen. Unsere Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter stellen fest, dass in Linz der Anteil jener Kinder, denen es nun schlechter geht, in diesen eineinhalb Jahren um ein Drittel gestiegen ist. Um diese Kinder und Jugendlichen müssen wir uns kümmern. Durch Lernprogramme, durch Freizeitprogramme und durch ein Heranführen an digitales Lernen. Das heißt nicht, dass sie nur ein Gerät bekommen, sondern dass sie damit auch arbeiten können. Das machen wir in den Horten in einem Pilotprojekt gemeinsam mit der RLB.
Viele Kinder haben durch Corona Schäden erlitten, weil sie keinen Sport betrie-ben oder soziale Kontakte verloren haben. Um sie müssen wir uns kümmern.
Linz wählt am 26. September den Gemeinderat und den Bürgermeister für die nächsten sechs Jahre. Wie wird Linz 2027 aussehen?
Zum einen werden wir den Bedarf an Wohnraum erfüllen, damit auch in Zukunft das Wohnen einigermaßen leist-bar bleibt. Viele kleine und große Projekte sind bereits in Vorbereitung, wie jene auf der ehemaligen Kaserne in Ebelsberg, am Post-Verteilzentrum beim Bahnhof oder im Franckviertel.Zum anderen werden wir Schritt für Schritt unsere Industrie CO2-neutraler gestalten. Das wird viele neue Arbeitsplätze schaffen. Diese werden dadurch nämlich nicht weniger, denn für Photovoltaik-Installationen oder neue, technische Prozesse brauchen wir massiv Facharbeiter. Das heißt, dass es am Arbeitsmarkt sehr viele, zusätzliche Job-Möglichkeiten geben wird, besonders für junge Menschen mit Lehrberufen. In sechs Jahren wird Linz in der Innenstadt und an an-deren Plätzen grüner sein als heute. Die neuen Obuslinien und Buslinien im und in den Süden werden dann schon jahrelang in Betrieb sein. Und es wird ein Bundesliga-Derby zwischen dem LASK und Blau-Weiß Linz geben (lacht). Und die Volleyballerinnen aus Steg werden zum siebten Mal in Serie Meister!
Klimaschutz und Technologie sind Ihnen ein besonderes Anliegen. Wieso?
Linz muss den erfolgreichen Weg einer Industriestadt fortsetzen – und gleichzeitig Maßnahmen gegen den Klimawandel setzen. Deshalb möchte ich Linz zum Wasserstoff-Kompetenzzentrum Österreichs und damit zur klimaneutralen Industriestadt entwickeln. Wir haben mit der voestalpine, der Linz AG und der Johannes Kepler Universität die besten Voraussetzungen dafür. Die Menschen gehen mit Optimismus in die Zukunft, wenn sie wissen, wohin die Reise geht: Industrie plus Digitalisierung plus Wasserstoff, das ist das Linz der Zukunft! Wir werden auch die erste Stadt in Österreich, die die Digitalisierung aller gesellschaftlichen Bereiche in den Mittelpunkt stellt. Die Linzer Unternehmen, die Verwaltung und die geplante Universität für Digitalisierung sind dafür ideale Partner. Davon profitieren die Linzerinnen und Linzer einerseits als Beschäftigte an neuen Arbeitsplätzen, die Einkommen garantieren und weitgehend krisensicher sind. Andererseits als Bewohnerinnen und Bewohner einer sauberen, lebenswerten und grünen Stadt.
Linz soll das Wasserstoff-Kompetenzzentrum Österreichs werden und sich damit zur klimaneutralen Industriestadt weiterentwickeln.
Wie gestaltete sich bislang die Zusammenarbeit mit den anderen Parteien?
Bis vor zwei Jahren agierten manche Parteien zum Teil sehr aggressiv bis untergriffig – gegen die SPÖ, aber auch gegen mich persönlich. Seit Corona sind dann aber alle vier im Stadtsenat vertretenen Parteien zusammengerückt. Jedes Regierungsmitglied hat in der Krise einen aktiven und wichtigen Beitrag geleistet. Das hat dazu geführt, dass wir Meinungsverschiedenheiten heute viel sachlicher austragen, dass Untergriffe selten sind. Das ist ein gutes Zeichen, denn in der Demokratie muss man nicht unbedingt streiten oder sich beflegeln. Man kann unterschiedliche Meinungen auch ausdiskutieren. Wir haben seither bewiesen, dass in den wesentlichen Fragen alle an einem Strang ziehen.
Man muss nicht streiten. Man kann unterschiedliche Meinungen auch aus-diskutieren. In Linz ziehen wir an einem Strang.
Ihr Terminkalender ist auch sonst gut gefüllt, die Wochen vor einer Wahl zählen sicher zu den anstrengenderen. Woher nehmen Sie die Kraft?
Viele Leute auf der Straße sagen „Machen Sie so weiter!“, „Das haben Sie gut gemacht.“ oder wünschen mir „Alles Gute!“ Dieser Zuspruch motiviert ungemein. Viel Rückhalt und Verständnis finde ich bei meiner Familie. Dort relativieren sich vermeintliche Probleme und man merkt, was im Leben wirklich wichtig ist. Und Unterstützung erhalte ich natürlich von meiner Vizebürgermeisterin Karin Hörzing, dem gesamten Team der SPÖ und von vielen engagierten Menschen innerhalb und außerhalb der Partei, die gemeinsam Linz weiter nach vorne bringen wollen.
Wie sieht bei Ihnen der kommende Wahlsonntag aus?
In der Früh gehe ich Laufen, dann gehe ich natürlich wählen und besuche die ehrenamtlichen Wahlmitarbeiterinnen und -mitarbeiter der SPÖ. Ab 16 Uhr warte ich im Rathaus auf die ersten Ergebnisse und hoffe auf eine gestärkte SPÖ, damit wir unsere Ideen für Linz umsetzen können.
Und die Zeit danach?
Am Montag werde ich mit meinen Mitarbeitern die Ergebnisse besprechen und Vorbereitungen treffen für die wahrscheinliche Stichwahl am 10. Oktober. Denn bei zehn Kandidatinnen und Kandidaten für das Bürgermeister-Amt ist eine absolute Mehrheit im ersten Wahlgang fast nicht zu machen. Dann versuche ich zwei Wochen lang, die Linzerinnen und Linzer zu überzeugen, mir bei der Stichwahl für weitere sechs Jahre das Vertrauen zu schenken. In den Herbstferien werde ich mit meiner Familie etwas durchschnaufen. Dann folgen Gespräche mit allen Parteien, die Konstituierung der Stadtregierung und das Budget für 2022. Wir müssen schnell in die Gänge kommen, um unsere Pläne zu verwirklichen. Der wirtschaftliche Aufschwung nach der Corona-Pandemie muss bei allen ankommen.
Wordrap mit Klaus Luger
Mein Berufswunsch als Kind war: Sportreporter
Mein erstes Geld habe ich verdient als: Farbenmischer bei Tiger Lacke
Das letzte Buch, das ich gelesen habe: Träume und Kulissen von Alida Bremer
Lieblingsmusiker: Rolling Stones, Severina
Meine schönste Kindheitserinnerung ist: Urlaube mit meinen Eltern am Meer
Mein Morgenritual besteht aus: Hygiene, Zeitung lesen, Kaffee trinken
Meinen Kaffee trinke ich am liebsten: schwarz, kurz, ohne Milch und Zucker
Im Kühlschrank habe ich immer: Mineralwasser, Weißwein und Käse
Meine Lieblingsspeise ist: Gänsebraten mit Knödel und Krautsalat
Schwach werde ich bei: gutem Essen und Wein
In der Schule mochte ich: die Ferien
In der Schule mochte ich nicht: Latein und autoritäre Professoren
Das mache ich in meiner Freizeit:Lesen, Laufen, Kochen, Freunde einladen, Fußball schauen
Mein politisches Vorbild: Nelson Mandela
An meinem Job mag ich: die Vielfältigkeit und den Kontakt zu den Menschen
An Linz liebe ich: den Mix aus Industrie, Kreativität und Offenheit
Als Vater bin ich: glücklich über meine drei Kinder Thomas, Paul und Zoe
Das mag ich an mir überhaupt nicht: Ungeduld
Wütend macht mich: Intoleranz, Präpotenz, Ignoranz
Mein größtes Laster ist: ich esse ab und zu zu viel
Ich bin wirklich dankbar: dass meine Eltern mit mir in meinen Jugendjahren extrem tolerant umgegangen sind
Mein Lebensmotto: Gemeinsam geht es besser