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„Die Innovationen von heute schaffen die Arbeitsplätze von morgen“ – Stadtrat Thomas Gegenhuber im Interview

Ein Gespräch über den wirtschaftlichen Wandel, positive Zukunftsvisionen und die Bedeutung der Bürgerbeteiligung

Seit Kurzem ist Univ.-Prof. Dr. Thomas Gegenhuber neuer SPÖ-Stadtrat für Wirtschaft und Innovation in Linz. Der Wissenschaftler, der an der Johannes Kepler Universität Linz lehrt und das Linz Institute for Transformative Change leitet, wagt mit seinem neuen Amt den Sprung in die Politik. Wie er seine Forschungserfahrungen in seine neue Rolle einbringen will, welche Pläne er für die Stadt Linz hat und welchen Ort der Stadt er Gästen zuerst zeigt, verrät er im Gespräch mit alleslinz.at. 

„Ich will mitgestalten“ – Vom Wissenschaftler zum Stadtrat

Sie leiteten als Professor für „Managing Socio-Technical Transitions“ an der Johannes Kepler Universität Linz das Linz Institute for Transformative Change. Was hat Sie motiviert, den Sprung in die Politik zu wagen und sich als Stadtrat für Wirtschaft und Innovation einzubringen?

„Im Laufe meiner akademischen Karriere führten mich meine Stationen nach Berlin, Hamburg, Edinburgh sowie Edmonton und Toronto. Diese Städte waren jede auf ihre Weise faszinierend, doch Linz blieb stets ein besonderer Ort für mich. 2021 erhielt ich einen Ruf von der Johannes Kepler Universität. Meine Forschungen konzentrierten sich auf nachhaltige Lösungen für gesellschaftliche Probleme. Als Didi Prammer mich gefragt hat, ob ich mein Wissen als Stadtrat einbringen will, war mir klar: Ich will mitgestalten.“

Wie beeinflussen Ihre bisherigen Forschungsschwerpunkte in den Bereichen digitale Transformation und soziale Innovation Ihre Herangehensweise an die neue politische Aufgabe?

„Wir leben in unsicheren Zeiten, wir müssen den Wandel, also die Transformation bewältigen. Mir geht es darum, eine positive Zukunftsvision zu zeichnen. Die Innovationen von heute schaffen die Arbeitsplätze von morgen. Ich möchte aufzeigen, was alles machbar ist, wenn man gemeinsam anpackt – mit Zuversicht, Mut und Hartnäckigkeit. Als Sozialdemokrat ist für mich zentral: Wir müssen die Menschen auf diese Reise mitnehmen und auf den sozialen Ausgleich in Veränderungsprozessen achten.“

Foto: Didi Prammer und Stadtrat Thomas Gegenhuber
Bürgermeister Didi Prammer und Stadtrat Thomas Gegenhuber arbeiten eng zusammen, um die Zukunft der Stadt innovativ zu gestalten

Linz als Stadt der Innovation – Gegenhubers Beitrag für die Zukunft der Stahlstadt

Linz hat sich in den letzten Jahren stark entwickelt. Welche Schwerpunkte möchten Sie in Ihrer Amtszeit setzen, um die Innovationskraft der Stadt weiter voranzutreiben?

„Innovation lebt von Fachkräften. Daher möchte ich die Kooperation mit den Bildungseinrichtungen in unserer Stadt vertiefen. Ein großes Anliegen ist für mich der Ausbau der Weiterbildungsmöglichkeiten, um die Chancen der Beschäftigten auf dem Arbeitsmarkt zu sichern und den vorhandenen Fachkräftebedarf langfristig zu decken. Wir werden im internationalen Wettbewerb nur bestehen, wenn wir die besten Köpfe nach Linz bringen und sie hier halten können. Dafür braucht es auch eine positive Willkommenskultur für internationale Fachkräfte.“

Welche konkreten Maßnahmen planen Sie, um die Wirtschaft in Linz innovativ zu stärken und gleichzeitig soziale sowie ökologische Verantwortung zu fördern?

„Unser Ziel ist es, eine klimaneutrale Industriestadt zu werden. Dies fördert nicht nur die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen, sondern trägt auch zu einem lebenswerten Planeten für unsere Kinder bei. Dafür sind Investitionen in erneuerbare Energien und die entsprechende Infrastruktur unabdingbar. Wir können diese Ziele erreichen, wenn Bund, Land und Stadt gemeinsam handeln. Mit dem Wasserstoffkongress, den die Stadt Linz mit dem Land Oberösterreich gemeinsam veranstaltet, haben wir schon einen ersten Schritt in diese Richtung gesetzt. Diesen Weg der Kooperation möchte ich fortsetzen. Meine Zuständigkeit beim Thema Abfallwirtschaft sehe ich als Chance, Akzente bei der Kreislaufwirtschaft zu setzen. Wir müssen Abfall als wertvolle Ressource betrachten – das schafft neue Geschäftsmodelle, Arbeitsplätze und ist gut für die Umwelt.“

Bürgerbeteiligung als Schlüssel für eine moderne Stadt

Gemeinsam mit dem Innovationshauptplatz haben Sie erfolgreich einen Ideenwettbewerb für den Linzer Süden ins Leben gerufen und Bürgerprojekte gefördert. Welche Rolle sehen Sie generell für die Bürger:innen von Linz in Innovationsprozessen, und wie planen Sie, deren Partizipation weiterhin zu fördern?

„Die Stadt Linz hat ein Preisgeld in der Höhe von 50.000 Euro beim iCapital Award 2024 in der Kategorie „European Rising Innovative City“ von der EU-Kommission gewonnen. Als sich abzeichnete, dass wir gewinnen, haben sich Didi Prammer und ich zusammengesetzt und uns war klar – wir wollen das Geld gleich wieder an die Linzerinnen und Linzer zurückgeben und ein starkes Zeichen für Bürger*innenbeteiligung setzen. Der Wettbewerb auf unserer Innovationsplatz-Plattform setzte das Postleitzahlgebiet 4030 in den Fokus. Unter dem Motto „Gestalte den Linzer Süden mit!“ haben wir Projektideen gesucht, die den sozialen Zusammenhalt stärken und gleichzeitig neue Perspektiven für den Süden der Stadt aufzeigen. Es wurden so viele gute Ideen auf der Plattform eingereicht. Die Jury und letztlich die Linzerinnen und Linzer haben letztlich eine klare Entscheidung getroffen: Der Hauptgewinner ist die Hobby Lobby Linz. Sie bietet kostenlose Freizeitkurse für Kinder und Jugendliche und darf sich über 40.000 Euro freuen. Diese innovative Form der Sportsozialarbeit schafft Chancen für Kinder und Jugendliche. Ich finde es schön, dass dieser Ideenwettbewerb das innovative Potential der Zivilgesellschaft sichtbar gemacht hat.“

Digitale Zukunft für Linz – für alle

Wie möchten Sie die digitale Transformation in Linz vorantreiben und sicherstellen, dass alle Bevölkerungsgruppen von den Vorteilen profitieren?

„Die digitale Transformation zielt darauf ab, Technologien einzusetzen, um Prozesse effizienter zu gestalten und den Bürgern den Alltag zu erleichtern. In der Verwaltung werden wir die digitale “user-zentrierte” Gestaltung vorantreiben. Es ist mir auch ein besonderes Anliegen, dass niemand überfordert wird oder zurückbleibt. Deshalb stellen wir klar, dass es für Menschen, die nicht digital-affin sind, stets auch ein Offline-Angebot im Bürgerservice und am Servicetelefon geben wird. Gleichzeitig setzen wir uns dafür ein, Digitalkompetenzen zu fördern, beispielsweise durch Smartphone-Tage für Seniorinnen und Senioren.“

Ein Stadtrat mit klaren Ideen für Linz

Gibt es Vorbilder oder Städte, an denen Sie sich orientieren, um Linz weiterzuentwickeln?

„Ich möchte mich nicht auf konkrete Städte festlegen – mir geht es hier um einen grundlegenden Zugang: Wir müssen immer prüfen, ob andere Städte Probleme besser lösen als wir und uns fragen, was wir davon lernen können. Gleichzeitig wird es auch sicher Dinge geben, wo andere Städte von uns lernen können. Die Stadt Linz hat zum Beispiel für die Innovationshauptplatz-Plattform einen Verwaltungspreis bekommen. Ich setze auf Offenheit und Vernetzung, um sicherzustellen, dass wir bestmöglich für die Linzerinnen und Linzer arbeiten.“

Gibt es eine persönliche Anekdote oder ein Erlebnis in Linz, das Sie geprägt hat und das Sie vielleicht sogar in Ihre politische Arbeit einfließen lassen möchten?

„Als ich vor 15 Jahren als junger Student von einem Auslandssemester in Kanada zurückgekommen bin, hatte ich die Chance eine Idee, die mir dort gekommen ist, in Linz umzusetzen. Diese Offenheit zur Innovation, die die damaligen Entscheidungsträger schon hatten, möchte ich mir zum Vorbild nehmen. In Kanada habe ich ein Praktikum in einem Think-Tank des digitalen Vordenkers Don Tapscott absolviert und zum Thema digitale Verwaltung geforscht. Ich war voller Tatendrang, das dort gelernte auch in die Praxis umzusetzen und habe beim damaligen Bürgermeister ein offenes Ohr gefunden. Gemeinsam mit dem damaligen Gemeinderat Christian Forsterleitner – der bereits an einer ähnlichen Idee dran war – haben wir dann einen Gemeinderatsantrag geschrieben, der letztlich zu „Schau auf Linz“ geführt hat. Das ist ein Tool, das die Linzerinnen und Linzer bei der Gestaltung einer sauberen Stadt einbindet. Es war anscheinend auch einer der ersten Anträge, der eine Prozessvisualisierung enthalten hat (lacht). Da habe ich schon gemerkt: Es motiviert mich, einen Beitrag zur Umsetzung von guten Ideen zu leisten.“

Wenn Sie Besuch von außerhalb bekommen, welchen Ort in Linz zeigen Sie Ihren Gästen zuerst?

„Ich gehe gerne spazieren und finde die Donaulände wunderbar dafür. Die Gäste finden die Lände auch immer toll, insbesondere den visuellen Dialog am Abend zwischen der ARS Electronica und dem Lentos. Und schließlich darf dann ein Besuch im ARS Electronica Museum nicht fehlen – es ist wunderbar, dass wir so eine innovative Institution in Linz haben.“

Neues Highlight an der Donaulände: Das innovative Projekt „Under the Bridge“

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