Lebensqualität für die Zukunft sichern: Das Klimawandelanpassungskonzept der Stadt Linz
Grundlegende Leitlinie zur künftigen Klimaanpassung
Die Stadt Linz hat sich zum Ziel gesetzt, bis spätestens 2040 klimaneutral zu sein und muss somit mit aller Kraft die Herausforderung des Ausstiegs aus den fossilen Energien angehen. Gleichzeitig sind auch die Vorkehrungen zu treffen, um die bereits jetzt nicht mehr abwendbaren Folgen der klimatischen Veränderungen – etwa Hitzewellen, Starkregen-Ereignisse oder Trockenheit – abzufedern.
Linz stellt sich durch die Erarbeitung sowohl eines Klimaneutralitäts- als auch eines Klimawandelanpassungskonzeptes dieser Verantwortung. Letzteres wurde unter Federführung der Abteilung Stadtklimatologie und Umwelt erarbeitet und ist jetzt fertiggestellt. Es steckt die Rahmenbedingungen ab, wie die Lebensqualität im Stadtgebiet trotz der Folgen der globalen Erwärmung bestmöglich erhalten und, wenn möglich, auch verbessert werden kann. Es wird zusammen mit einem ersten Aktionsprogrammvorschlag dem Gemeinderat in der kommenden Sitzung zum Beschluss vorgelegt.
„Linz hat 2019 seine erste Klimastrategie beschlossen und sich auch das ambitionierte Ziel gesteckt, bis 2040 zur klimaneutralen Industriestadt zu werden. Um dem Klimawandel und seinen Auswirkungen entgegentreten zu können, müssen wir neue Wege gehen und an einem Strang ziehen. Neben dem nun vorliegenden Anpassungskonzept arbeitet die Stadt auch intensiv an einem Klimaneutralitätskonzept. Beides ist notwendig, damit Linz klimafit wird und seine hohe Lebensqualität behält“ so Bürgermeister Klaus Luger.
„Das nun vorliegende Anpassungskonzept ist ein Meilenstein in der Linzer Klimaarbeit. Es wird eine wichtige Grundlage sein, um unsere Stadt langfristig lebenswert zu erhalten und klimagerecht umzubauen. Ich möchte mich beim gesamten Projektteam, bestehend aus Mitarbeiter*innen der Abteilung Stadtklimatologie und Umwelt und der Klimastabstelle und insbesondere bei Projektleiter Mag. Dr. Johannes Horak für die herausragende Konzepterstellung bedanken! Neben dem Konzept wird auch ein Aktionsprogrammvorschlag dem Gemeinderat zum Beschluss vorgelegt. Damit sollen die Erkenntnisse unmittelbar in praktische Arbeit umgesetzt werden. Die Schwerpunkte liegen in der klimagerechten Stadt- und Mobilitätsentwicklung sowie der Stadtbegrünung“ so Klimastadträtin Mag.a Eva Schobesberger.
Klimaschutz und Klimaanpassung müssen Hand in Hand gehen
Ziele des Konzepts
Durch das Voranschreiten der menschenverursachten und weiter befeuerten Klimaveränderung ist Linz von Jahr zu Jahr stärker und spürbarer von deren Folgen betroffen. Die durchschnittliche Temperatur eines Jahres ist in Linz seit der vorindustriellen Zeit um mehr als 2°C angestiegen, dies entspricht beinahe dem doppelten des globalen An-stiegs (1,1 C). Die Stadt ist also besonders stark von den Veränderungen des Klimas betroffen.
Die allgemein steigenden Temperaturen führen zu einer erhöhten Zahl von Tagen mit Spitzentemperaturen über 30°C (Hitzetage), aber auch mehr Nächten, in welchen die Temperaturen nicht mehr unter 20°C fallen (Tropennächte). Besonders Tropennächte wirken sich nachteilig auf die Erholsamkeit des nächtlichen Schlafs und somit den Kreislauf aus. Durch intensivere, länger andauernde und häufiger auftretende Hitzewellen verstärken sich die negativen Auswirkungen der Klimaveränderungen auf die Gesundheit der Linzer*innen zusätzlich. Zur Erwärmung und vermehrter Hitze hinaus sind als Folgen des Klimawandels für Linz vermehrte Trockenperioden, Extremereignisse (Gewitter, Hagel, Sturm) und Überflutungen (durch Starkregen oder Fließgewässer) zu erwarten.
Klimawandelanpassung bedeutet, mit diesen Herausforderungen mittels Risikomanagement umzugehen. Risiken werden identifiziert und Maßnahmen entwickelt, welche die Sicherheit und Gesundheit der Bevölkerung gewährleisten oder die Funktionsfähigkeit kritischer Infrastruktur erhalten. Insbesondere aber bedeutet die Anpassung an den Klimawandel den Erhalt und die Verbesserung der urbanen Lebens- und Aufenthaltsqualität. In der Gemeinderats-Sitzung vom 1. Juli 2021 erkannte der Gemeinderat mittels Beschluss die Notwendigkeit der Klimawandelanpassung an und beschloss die zehn übergeordneten Ziele der Stadt Linz zur Klimawandelanpassung:
- Klimaökologische Ausgleichsfunktion auf städtischer Ebene erhalten und aufwerten (beispielsweise Durchlüftungsschneisen erhalten).
- Stadtklimatisch wirksame Freiflächen schaffen, erhalten und aufwerten.
- Aufenthaltsqualität im Freien erhalten und aufwerten.
- Biodiversität erhalten und fördern.
- Veränderte Risikolage bei Extremereignissen berücksichtigen. Berücksichtigung der veränderten Häufigkeit und Intensität in der Stadt- und Raumplanung, in der Katastrophenvorsorge sowie im Katastrophenmanagement.
- Verbesserung und Ausbau der stadtklimatisch bedeutsamen Datenlage.
- Governance – Umgang mit dem Klimawandel als integralen und strategischen Bestandteil der Stadtverwaltung und -entwicklung etablieren.
- Interne sowie externe Bewusstseinsbildung intensivieren.
- Gesundheit und Wohlbefinden – gesundheitliche Belastungen vermindern und Förderung des Wohlbefindens der Linzer*innen unter veränderten klimatischen Rahmenbedingungen.
- Kritische Infrastruktur – Funktionsfähigkeit von kritischer Infrastruktur und kritischen Serviceleistungen sicherstellen.
Partizipativer Prozess
Zur Erarbeitung des Anpassungskonzepts wurden 2022 unter anderem mehrere Workshops durchgeführt. Dazu waren die im Gemeinderat vertretenen Parteien, Stadtsenatsmitglieder, Geschäftsbereiche des Magistrates Linz, UGL-Unternehmen, Mitglieder des Klimabeirats sowie weitere Stakeholder eingeladen. Zudem hat die Stadt insgesamt 3.000 Einladungen an ein repräsentatives Sample von Bürger*innen verschickt, um diese für eine aktive Mitarbeit zu gewinnen. Circa 60 Linzer*innen nahmen schließlich an einem Workshop teil, um am Anpassungskonzept mitzuarbeiten. Zudem konnten auch über die Bürger*innenbeteilungsplattform des Innovationshauplatzes Vorschläge eingereicht werden.
Zahlreiche Eingaben und Rückmeldungen während des im Rahmen der Erstellung des Konzeptes durchgeführten Beteiligungsprozesses führten zur Aufnahme des zusätzlichen Handlungsfeldes „Soziales“. Bereits die nationale Strategie zur Anpassung hält unter „Herausforderungen in der Anpassung“ bereits fest, dass bei Anpassungsmaßnahmen Zielkonflikte mit sozialer Nachhaltigkeit vermieden werden sollen. Allerdings unterstreicht ein eigenes Handlungsfeld diesen Umstand zusätzlich und erlaubt, Auswirkungen des Klimawandels sowie Handlungsempfehlungen zu deren Minderung, in diesem Bereich gesondert hervorzuheben bzw. soziale Aspekte auch als Priorisierungskriterium heranzuziehen.
Konzeptstruktur
Die Struktur des Anpassungskonzeptes ist so gewählt, dass es Klimafolgen, Handlungsfelder und Auswirkungen mit Handlungsempfehlungen verknüpft. Durch Wissenschaft und Forschung identifizierte Folgen des menschengemachten Klimawandels (Klimafolgen) führen in unterschiedlichen städtischen Handlungsfeldern zu konkreten Auswirkungen. Eine Zunahme von Hitzeextrema bedingt im Handlungsfeld „Bauen und Wohnen“ beispielsweise die Auswirkung „ungünstiges Gebäudeklima“. Zusätzlich wurden für das Linzer Stadtgebiet Risikokarten für die Klimarisiken Hitze, Überflutungen, Hagel und Sturm erstellt um Klimarisiken bzw. damit verbundene Sensitivitäten auch räumlich zu verorten. Das vorliegende Anpassungskonzept betrachtet 15 Handlungsfelder:
- Bauen und Wohnen
- Energie / Elektrizitätswirtschaft
- Forstwirtschaft
- Gesundheit
- Katastrophenmanagement
- Landwirtschaft
- Naturschutz, Ökosysteme und Biodiversität
- Schutz vor Naturgefahren
- Soziales
- Stadtplanung und Raumordnung
- Tourismus und Freizeit
- Urbane Frei- und Grünräume
- Verkehrsinfrastruktur
- Wasserhaushalt und Wasserwirtschaft
- Wirtschaft, Industrie und Handel
Handlungsempfehlungen sind allgemeine Anweisungen, welche eine (oder mehrere) beschriebene Auswirkung(en) des Klimawandels lindern. Für das zuvor gegebene Beispiel mit Hitzeextrema wäre eine passende Handlungsempfehlung etwa „Begrünungsmaßnahmen an ausgewählten Gebäuden durchführen“.
Diese Handlungsempfehlungen erfüllen jeweils eines oder mehrere der vom Gemeinderat beschlossenen übergeordneten städtischen Ziele zur Klimawandelanpassung bzw. eines oder mehrere der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der UN (Sustainable Development Goals, SDGs). Die Handlungsempfehlungen haben somit strategischen Charakter und dienen als Bausteine, um die zielgerichtete und effiziente Entwicklung konkreter Anpassungsaktionen auf lokaler Ebene (Straßenzug bis Quartiersebene) zu ermöglichen.
Erstes Aktionsprogramm: 30 Vorschläge
Neben einer Dokumentation der durchgeführten Arbeiten unterstützt das Anpassungskonzept die Stadt darin, im eigenen Wirkungsbereich direkt in die Umsetzung zu kommen und die städtischen Ziele zur Anpassung zu erfüllen. Zur zielgerichteten Umsetzung des Anpassungskonzepts sollen Aktionsprogramme durchgeführt werden. Der erste Aktionsprogrammvorschlag beinhaltet 30 konkrete Umsetzungsvorschläge sowie die Zuständigkeiten für die Umsetzung in der städtischen Verwaltung bzw. der Unternehmensgruppe Linz.
Dieser Aktionsprogrammvorschlag baut auf den Erkenntnissen des Anpassungskonzeptes auf. Die Umsetzungsaktionen im Aktionsprogrammvorschlag arbeiten dabei den städtischen Zielen zur Klimawandelanpassung und den 17 Nachhaltigkeitszielen der UN zu. Schwerpunkte liegen bei der klimagerechten Stadt- und Mobilitätsentwicklung und insbesondere auch bei der Stadtbegrünung. Wie viele der 30 Vorschläge welches städtische Ziel erfüllen ist in der folgenden Abbildung dargestellt.