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Sozialarbeit im Kindergarten – Innerhalb von fünf Jahren vom Pilotversuch zum Qualitätsmerkmal

Rund 180 Kinder und deren Familien profitierten vom innovativen städtischen Angebot durch konkrete Beratung und Begleitung

Sozialarbeit vor Ort leistet einen wichtigen Beitrag zur sozialen und ganzheitlichen Entwicklung der Kinder und bietet Unterstützung und Hilfe für Kindergartenpädagog*innen, Eltern und Kinder an. In Linz gibt es dieses familienunterstützende Angebot seit dem Jahr 2017.

Konkret sind derzeit vier Expertinnen in sechs Kindergärten in den Stadtteilen Neue Heimat, grüne Mitte, Franckviertel, Ebelsberg, Kleinmünchen sowie im Neustadtviertel im Einsatz. Die Sozialarbeiterinnen sind zusätzlich in den Bereichen Psychotherapie, Pädagogik, Kinderrechte und Gesundheit qualifiziert und spezialisiert.

Das Angebot wird sehr gut angenommen. Im vergangenen Kindergartenjahr betreute die Kindergartensozialarbeit (KiSA) exakt 183 Kinder und deren Familien. Bei der überwiegenden Mehrheit konnte bereits nach kurzer Betreuung eine deutliche Verbesserung des jeweiligen Problems erzielt werden.

„Um Familien mit ihren Kindern und die Pädagoginnen und Pädagogen optimal zu unterstützen sowie um Fehlentwicklungen früh zu erkennen, braucht es in den Kindergärten Sozialarbeit. Diese wichtige Arbeit geschieht dort, wo die die Kinder viel Zeit verbringen und gut erreichbar sind: im Kindergarten. Darüber hinaus leistet die Kindergartensozialarbeit einen wichtigen Beitrag zur Integration der Kinder und deren Familien in die Gesellschaft. Deshalb ist auch der Ausbau der Kindergartensozialarbeit im Linzer Sozialprogramm verankert. Die Ausschreibung für eine neue Vollzeitstelle läuft bereits.“

Vizebürgermeisterin Karin Hörzing

Vom Pilotversuch zum Qualitätsmerkmal

In Schulen sind Sozialarbeiter*innen längst fester und wichtiger Bestandteil, im Kindergarten ist Sozialarbeit noch ein junger Fachbereich. 2014 wurden die ersten kleinen Schritte gesetzt, sodass 2017 ein Pilotprojekt starten konnte. Mittlerweile blickt der Magistrat Linz auf mehr als fünf Jahre Erfahrung in der Kindergartensozialarbeit zurück. Derzeit sind vier Expertinnen an sechs Standorten mit über 800 Kindergarten- und Krabbelstubenplätze im Einsatz.

Herausfordernde Ausgangssituation

Die Gründe für den Einsatz von Sozialarbeit in Bildungseinrichtungen sind vielfältig, beispielsweise:

  • Erziehungsfragen oder -überforderung
  • Scheidung, Trennung oder Obsorgestreitigkeiten
  • Ungünstige wirtschaftliche Verhältnisse
  • Verhaltensauffälligkeit
  • Verweigerung des Kindergartenbesuches
  • Unterstützung der Integration bei Familien mit Migrationshintergrund
  • Vernachlässigung des Kindes
  • Gewalt in der Familie
  • Todesfall oder schwere Erkrankung in der Familie
  • Psychische Erkrankung einer Erziehungsperson
  • Alkohol- oder Suchtmittelmissbrauch einer Erziehungsperson

Vorteile für alle Beteiligten

Viele Faktoren sprechen für einen Einsatz von Sozialarbeit in Kindergärten. Kinder, Eltern und Erziehungsberechtigte haben dadurch eine kompetente Ansprechperson in sozialen Angelegenheiten vor Ort. Falls erforderlich, erfolgt eine Vermittlung an spezialisierte Beratungsstellen. Außerdem erhalten Pädagoginnen und Pädagogen Unterstützung bei der Vorbereitung schwieriger Elterngespräche und bei der Einschätzung sozialer Fragen.

„Die Kindergärten selbst werden Teil eines sozialen Frühwarnsystems. Die Kindergartensozialarbeit profitiert vom vorangegangenen Beziehungsaufbau zu den Kindern sowie den bestehenden Kontakten zu den Eltern und bildet damit eine wichtige Überleitung vom Kindergarten zur Schule“, informiert Vizebürgermeisterin Karin Hörzing.

Wertvolle Leistungen

Die Kindergartensozialarbeit erbringt wertvolle Leistungen, beispielsweise:

  • Anamnese
  • Beobachtung des Kindes in der Gruppe, Verhaltensbeobachtung (Spielverhalten, Umgang mit anderen, Umgang mit Konfliktsituationen, Sprachentwicklung etc.)
  • Elterngespräche
  • Einsatz der neuen methodischen Erkenntnisse aus Gesprächsführung sowie Konfliktmanagement
  • Gespräche mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kindergartens
  • Persönliche Kontakte zum Kind
  • Entwicklung eines Betreuungsplans
  • Erziehungsberatung
  • Einhaltung der Standards der Kinder- und Jugendhilfe in Oberösterreich
  • Fachlicher Austausch und Vernetzung mit anderen Fachkräften (Ärztin/Arzt, Sprachtrainerin/Sprachtrainer, Logopädin/Logopäde usw.)
  • Vermittlung zu und Vernetzung mit externen Kooperationspartnerinnen und -partnern wie Familienberatungsstellen, sonstige spezialisierte Beratungsstellen, Krankenhäuser etc.
  • Sicherung der Qualität durch regelmäßige Inter- und Supervision sowie Dokumentation und Evaluation
  • Schulung des pädagogischen Personals in Gesprächsführung zur Förderung einer gelingenden Erziehungspartnerschaft mit den Eltern

Ziele der Kindergartensozialarbeit

Vorrangiges Ziel der Kindergartensozialarbeit ist die Förderung einer positiven Gestaltung der familiären Rahmenbedingungen zur Sicherung einer guten Kindesentwicklung. Außerdem steht die vertrauensvolle Zusammenarbeit vor Ort, auch in der Form aufsuchender Sozialarbeit, im Fokus.

Weiters wird der Aufbau von Vernetzungsangeboten mit den bestehenden Beratungs- und Unterstützungsangeboten im psychosozialen, pädagogischen und gesundheitlichen Bereich angestrebt. Auch die Förderung von sozialen Kontakten ist ein Ziel. Die Entwicklung und Einführung neuer innovativer Ansätze zur Förderung der Kindesentwicklung sowie die Unterstützung des pädagogischen Alltags im Kindergarten sollen in diesem Zusammenhang ebenfalls angeführt werden.

Vier Expert*innen arbeiten in sechs Kindergärten zum Wohle der Kinder

Im Kindergartenjahr 2021/22 waren vier Expertinnen an sechs Kindergärten im Linzer Stadtgebiet im Einsatz. Die Sozialarbeiterinnen sind zusätzlich in den Bereichen Psychotherapie, Pädagogik, Menschenrechte und Gesundheit qualifiziert und spezialisiert. Die Familien von 112 Buben und 71 Mädchen wurden im vergangenen Kindergartenjahr beraten und begleitet. Insgesamt war die Sozialarbeit vor Ort mit 183 Fällen befasst.

In den meisten Fällen können sichtbare Erfolge sehr rasch erzielt werden. In 105 Fällen lag die Betreuungszeit der Sozialarbeiterinnen unter zwei Monaten. In 58 Fällen dauerte der Einsatz der Sozialarbeiterinnen zwischen zwei und sechs Monaten. Lediglich 20 Familien benötigten eine langfristige Betreuung, die länger als sechs Monate andauerte.

Die Themen der unterstützten Familien sind sehr vielschichtig. Anlass für das Beiziehen von Sozialarbeit war vor allem Verhaltensauffälligkeit des Kindes, Erziehungsüberforderung, familiäre Konflikte, Auffälligkeiten in der Entwicklung und ungünstige wirtschaftliche Verhältnisse. Nach Themenfeldern gegliedert zeigt sich für das Kindergartenjahr 2021/2022 folgende Verteilung:

Zusätzliches Angebot für vertrauensvollen Kontakt hat sich bewährt

Seit dem Kindergartenjahr 2019/20 werden zwei Mal jährlich Pädagog*innen aus den betreuten Linzer Kindergärten von den Sozialarbeiterinnen in motivierender Gesprächsführung geschult, um auch mit schwer erreichbaren Eltern in einen vertrauensvollen Kontakt zu kommen und zu bleiben.

Den Pädagog*innen werden zusätzliche Kompetenzen vermittelt, die den täglichen Kontakt und den Austausch in Erziehungsfragen mit den Eltern erleichtern. Es besteht eine erhöhte Nachfrage seitens der Kindergärten an diesem unterstützenden Schulungsprogramm.

Ausbau der Kindergartensozialarbeit läuft

Die Erfahrungen seit Einführung der Sozialarbeit im Kindergarten haben gezeigt, dass das Angebot direkt am Standort eine wertvolle Ressource für Eltern, deren Kinder und Pädagog*innen darstellt.

Die KiSA wird sowohl von den Pädagog*innen als auch von den Eltern sehr gut angenommen. Auch die Kinder freuen sich, wenn die Sozialarbeiterin in die Gruppe kommt. Ziel ist es, präsent zu sein, das Angebot flexibel an den Bedarf anzupassen, die Familien in Ihren Kompetenzen zu stärken und die Pädagog*innen zu ermutigen, soziale Themen mit den Sozialarbeiterinnen zu besprechen und Unterstützung anzunehmen.

Im städtischen Sozialprogramm ist der Ausbau der Kindergartensozialarbeit verankert. Dies wird aktuell umgesetzt, sodass das Angebot noch heuer um ein Vollzeitäquivalent erweitert wird.

Einige Praxisbeispiele

  • Ein Vater hat Schwierigkeiten in der „Bringsituation“ sein Kind loszulassen, die Verabschiedung dauert sehr lange. Das ist für Vater und Kind eine Belastung, die sich auch in der Gruppe bemerkbar macht. Dem Kind fällt es schwer, sich zu integrieren und es ist oft bis Mittag traurig.
  • Geschwisterkinder streiten häufig, die Eltern wissen nicht wie sie damit umgehen sollen. Die Mutter neigt dazu laut zu werden, merkt aber, dass dies die Situation nur verschlimmert.
  • Ein Kind kann sich im Kindergarten an keine Regeln halten, kann nicht ruhig sitzen und hat eine sehr niedrige Frustrationstoleranz.
  • Eltern sind erschöpft. Es gibt Belastungen im familiären Bereich, die sich auch auf das Verhalten der Eltern und des Kindes auswirken (Paarkonflikte, Trennung, angespannte finanzielle Situation)

„In allen Fällen versuchen unseren Expertinnen mit den Beteiligten zu sprechen, um sich ein umfassendes Bild zu machen. Kindergartensozialarbeit hört zu, ohne zu werten. Die Sorgen werden benannt und ernstgenommen, um in weiterer Folge gemeinsam Handlungsalternativen zu finden. Dazu gehört es auch, Fehlentwicklungen zu erkennen und anzusprechen, passende Hilfsangebote zu empfehlen und im Einzelfall auch zu Einrichtungen zu begleiten“, verdeutlicht Vizebürgermeisterin Hörzing.

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