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5.800 Stellen sind derzeit unbesetzt – Arbeitsmarkt braucht dringend Impulse durch Bundesregierung

Bürgermeister Klaus Luger: „Arbeitskräftemangel schränkt Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes ein“

Luger schlägt Kombi-Modell zur Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte und Öffnung der Rot-Weiß-Karte für alle Mangelberufe vor

Der Arbeitsmarkt kommt nicht zur Ruhe: Nach der pandemiebedingten Rekord-Arbeitslosigkeit von 2020 hat sich die Arbeitslosen-Quote im Arbeitsmarkt-Bezirk Linz mit fünf Prozent auf niedrigem Niveau eingependelt. Die Wirtschaft entwickelt sich dynamisch, dennoch stehen die heimischen Unternehmen vor einer großen Herausforderung: dem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Dieser ist einerseits demografisch bedingt – so geht in den kommenden Jahren die Babyboomer-Generation in Pension –, andererseits sorgt ein gesellschaftlicher Wandel, verbunden mit Veränderungen in den Werthaltungen von Arbeitnehmer*innen, für höhere Teilzeit-Quoten und einen insgesamt geänderten Bezug zur Erwerbsarbeit als noch vor einigen Jahrzehnten.

Die Landeshauptstadt Linz und ihr Umland (NUTS 3-Region Linz-Wels) liegen mit 29 Milliarden Euro Bruttowertschöpfung und mehr Arbeitsplätzen als Einwohner*innen an der Spitze aller österreichischen Wirtschaftsräume. Durch ihren hohen Anteil an qualifizierten Industrie-, IT- und Technik-Arbeitsplätzen ist die Linzer Wirtschaft daher besonders stark vom Arbeitskräfte-Mangel betroffen. Allein im Arbeitsmarktbezirk Linz (inkl. Urfahr-Umgebung) fehlen 5.800 Arbeitskräfte, um das Angebot an freien Stellen abdecken zu können. Noch drastischer ist die Lage am Lehrstellenmarkt: hier stehen vier freie Ausbildungsplätze einer*m Lehrstellen-Suchenden gegenüber.

Der Linzer Bürgermeister und Wirtschaftsreferent Klaus Luger sieht durch den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften schnelles und zielgerichtetes Handeln der Bundesregierung als unabdingbar: „Die Stadt Linz geht mit zahlreichen Maßnahmen zur Absicherung unseres Wirtschaftsstandortes auf diese Problematik ein. Das reicht von einem eigens gegründeten Business-Immigration-Office bis hin zu unserer eigenen Tätigkeit als große Lehrlings-Ausbildnerin. Wie eine aktuelle Auswertung der EU-Statistikbehörde zeigt, ist Österreich bei der Quote an nicht besetzten Stellen in der gesamten Europäischen Union Schlusslicht. Um wirtschaftlich konkurrenzfähig bleiben zu können, braucht es rasch überregionale, bundespolitische Maßnahmen, wie etwa eine raschere Implementierung ausländischer Arbeitskräfte.“

Als Lösung für den Arbeitskräftemangel schlägt Bürgermeister Klaus Luger insgesamt sieben Maßnahmen vor, unter anderem spricht er sich für ein Kombi-Modell zur Anwerbung von Arbeitskräften aus Nicht-EU-Ländern und eine generell erleichterte Anerkennung von Ausbildungen aus dem Nicht-EU-Raum aus. Zudem soll die Kinderbetreuung vor allem in ländlichen Gebieten massiv ausgeweitet und Vollzeit-Einkommen steuerlich bevorzugt werden.

Die Arbeitsplatzstruktur ist in Linz traditionell industriell geprägt, wobei die Industriebetriebe auch für hohe Beschäftigungsraten in anderen Wirtschaftsbereichen sorgen. Vor allem der Anteil an IT-Unternehmen steigt.

Ein Trend, der sich unter anderem durch eine hohe Anzahl an Betriebsansiedlungen und Unternehmensgründungen zeigt.

Hohe Beschäftigung und weiter niedrige Arbeitslosigkeit

Die Arbeitslosigkeit im Arbeitsmarktbezirk Linz (der Arbeitsmarktbezirk Linz umfasst den politischen Bezirk Linz-Stadt sowie den politischen Bezirk Urfahr-Umgebung) befindet sich weiterhin auf niedrigem Niveau. Die Arbeitslosenquote ist mit fünf Prozent exakt gleich wie im Beobachtungszeitraum (Stand jeweils Ende Mai) des Vorjahres.

5.800 Stellen sind unbesetzt

Mit Stand Ende Juni waren im Arbeitsmarktbezirk Linz 7.019 Personen arbeitssuchend gemeldet, davon 3.248 Frauen und 3.771 Männer. Insgesamt gibt es derzeit 5.779 sofort verfügbare Stellen, für die Arbeitskräfte gesucht werden. Im politischen Bezirk Linz-Stadt waren Ende Juni 6.278 Personen arbeitslos gemeldet.

Vorgemerkte Arbeitslose im politischen Bezirk Linz Stadt im Zeitverlauf (Quelle: AMS )

Viele Lehrstellen können nicht besetzt werden

Eine weiterhin große Differenz herrscht zwischen Lehrstellensuchenden und den zu besetzenden Lehrstellen. Ende Juni gab es im Arbeitsmarktbezirk 279 offene Lehrstellen, die sofort zu besetzen wären. Im Gegensatz dazu sind lediglich 74 Jugendliche auf der Suche nach einer Lehrstelle. Für eine*n Lehrstellen-Suchende*n stünden somit theoretisch etwa vier freie Ausbildungsplätze in Betrieben zur Verfügung.

Sorgenfalten bei Unternehmer*innen: wenig Andrang auf offene Stellen

Die Stellenandrangsziffer gibt an, wie viele Arbeitssuchende auf eine offene Stelle kommen. Diese liegt derzeit bei 1,2. Eine niedrige Stellenandrangsziffer deutet auf einen Mangel am Arbeitsmarkt hin. In der Betrachtung der vergangenen zehn Jahre ist der Wert bisher in diesem Jahr am zweitniedrigsten. Nur im Vorjahr war der Wert noch niedriger, wo exakt ein Arbeitsuchender auf eine offene Stelle kam.

Diese Tendenz weist die EU-Statistikbehörde Eurostat für Gesamt-Österreich aus (vgl. Der Standard, 13.4.2023): So ist das Verhältnis der offenen Stellen zur Zahl der Beschäftigten in der Privatwirtschaft in Österreich gemeinsam mit Belgien am niedrigsten. Insgesamt lag die Quote der unbesetzten Stellen im vierten Quartal 2022 bei 5,4 Prozent, wobei der Anteil der offenen Jobs in Österreich seit 2019 – also noch vor Ausbruch der Pandemie – deutlich angestiegen ist.

Alarmierende Studien-Ergebnisse

Österreich ist in der Europäischen Union bei der Zahl der unbesetzten Stellen führend, auch die Zahl der Mangelberufe ist auf Rekordniveau. Während die Zahl der Vollzeit-Beschäftigten stagniert, ist die Teilzeit-Beschäftigung in den vergangenen drei Jahrzehnten stark angestiegen. Die Folge sind Dienstleistungseinschränkungen sowie Produktionsverlagerungen in das Ausland. Vor diesem Hintergrund führte das Marktforschungsinstitut Spectra im Auftrag der Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV ) eine Umfrage zu den Themen Arbeitskräftemangel und Leistungsbereitschaft durch.

Arbeitskräftemangel bekannt- „Kunde droht mit Auftrag“

94 Prozent der Befragten haben davon gehört, dass Betriebe in Oberösterreich Probleme haben, Mitarbeiter*innen zu finden und es dadurch zu Leistungs- und Produktionseinschränkungen kommt. 81 Prozent kennen sogar persönlich Unternehmen und Dienstleister, die Schwierigkeiten haben, geeignetes Personal zu rekrutieren.

Beinahe jede*r Zweite bereits persönlich betroffen

Auf die Frage „Waren Sie bisher vom Arbeitskräftemangel bei Unternehmen, in Geschäften, bei Ärzten, in Krankenhäusern, Pflegeheimen, in der Gastronomie oder anderen Dienstleistern in irgendeiner Form betroffen?“, antworten 42 Prozent mit „ja“. „Dass bereits knapp jede und jeder Zweite persönlich vom Phänomen Arbeitskräftemangel betroffen ist, und über Einschränkungen in wesentlichen Bereichen des Alltags zu berichten weiß, zeigt, dass dringender Handlungsbedarf besteht“, schlussfolgert Bürgermeister Klaus Luger.

Vielfältige Gründe für Arbeitskräftemangel

Nach den Gründen für den Arbeitskräftemangel befragt, steht – laut IV -Studie – an der Spitze der Ursachen die Meinung, dass viele Frauen aufgrund fehlender Kinderbetreuung nicht Vollzeit arbeiten könnten. Als zweithäufigste Ursache wird angeführt, dass viele Menschen keine Überstunden mehr leisten wollen, weil sich das finanziell zu wenig lohnt. Als weitere wesentliche Gründe werden schlecht qualifizierte Zuwanderer*innen, das generelle Fehlen gut ausgebildeter Arbeitskräfte sowie die zu hohe Besteuerung des Einkommens genannt.

Bürgermeister Klaus Luger schlägt sieben Lösungsansätze vor

Nach Lösungen befragt, wie der Arbeitskräftemangel verringert werden könnte, kristallisieren sich sieben Bereiche heraus:

  • Kombi-Modell zur Anwerbung von Arbeitskräften aus Nicht-EU-Ländern: ein halbes Jahr 50% Beschäftigung bei heimischen Arbeitgeber, 50% bundesfinanzierte AMS-Ausbildungsmaßnahmen (Spracherwerb, Integrationsschulungen); nach einem Jahr erfolgreicher Integration Zuzugsmöglichkeit für nahe Familienangehörige
  • Generell erleichterte Anerkennung von Ausbildungen aus dem Nicht-EU-Raum
  • Kinderbetreuung vor allem in den ländlichen Gebieten massiv ausweiten
  • Steuerliche Bevorzugung von Vollzeit-Einkommen
  • Pensionisten*innen das Weiterarbeiten durch steuerliche Entlastung erleichtern
  • Rot-Weiß-Rot-Karte für alle Berufe öffnen, realistische Einkommenshöhen festlegen
  • Beschleunigung der Einbürgerungsverfahren von bereits in Österreich lebenden Ausländer*innen und Erleichterung des Familiennachzuges

Linz nimmt Vorreiter-Rolle ein

Die Stadt Linz geht bereits mit gutem Beispiel lösungsorientiert voran. So wurde kürzlich am Magistrat Linz ein Kompetenzzentrum für Unternehmen und deren ausländische Schlüsselarbeitskräfte ins Leben gerufen. Das „Business Immigration Office“ leistet einen wesentlichen Beitrag, die Verfahren für die „Rot-Weiß-Rot-Karte“ besonders serviceorientiert und rasch abzuwickeln. Langfristig gesehen wird die Standortqualität viel Einfluss darauf haben, wie attraktiv Linz für fachlich qualifizierte Arbeitskräfte ist. Gerade im High-Tech- und Digitalisierungsbereich ist das Angebot an Schlüsselkräften knapp. Der österreichische Arbeitsmarkt kann den erforderlichen Bedarf an Arbeitskräften in zahlreichen Branchen nicht decken. Um den erforderlichen Personalbedarf decken zu können, holen viele Unternehmen ausländische Fachkräfte über die „Rot-Weiß-Rot-Karte“, die „Blaue Karte“ oder über den Aufenthaltstitel „Forscher“ nach Österreich.

Die Stadt Linz hat im vergangenen Jahr etwa 700 Verfahren zu Aufenthaltstiteln im Zuge der Arbeitsmigration von Fachkräften und deren Familienangehörigen aus dem Ausland abgewickelt. Fachkräfte in Mangelberufen stellten dabei mit mehr als 200 Anträgen den größten Anteil dar.

„Der Arbeitskräftemangel wird sich weiter verschärfen, wenn nichts unternommen wird. Linz ist bei den gesetzten Maßnahmen zwar eine Vorreiterin, allein als Kommune können wir dennoch nicht ausreichend entgegenwirken. Bund und Land müssen gemeinsam mit der Wirtschaft hierbei an einem Strang ziehen und die Voraussetzungen nicht nur für Linz zu schaffen, dass die Qualität als Wirtschaftsstandort erhalten bleibt. Dazu gehört auch eine Liberalisierung der Rot-Weiß-Rot-Karte auf Bundesebene“, sagt Bürgermeister Klaus Luger.

Attraktive städtische Lehrlingsausbildung

„Besonders für junge Menschen als zukünftige Leistungsträger*innen ist es wichtig, dass wir attraktive Lehrstellen bereithalten. Auch hier schöpft die Linzer Stadtverwaltung aus dem Vollen – mit mehr als 300 Lehrlingen in 37 verschiedenen Berufen ist die Landeshauptstadt nach der voestalpine der größte Lehrlingsausbildner des Bundeslandes. Dabei unterstützen wir mit attraktiven Zusatzangeboten, wie Auslandspraktika oder der Vermittlung von digitalen Kompetenzen und die Beherrschung von Zukunftstechnologien, die jungen Fachkräfte dabei, ihre Talente optimal zu entfalten“, betont Bürgermeister Klaus Luger.

„Wir werden den Arbeitskräftemangel nur durch eine Vielzahl von Maßnahmen bewältigen können. Durch eine geringe Teilzeitquote, durch klar geregelte Zuwanderung und durch weitere Lehrlingsoffensiven. Die Stadt Linz leistet auch mit ihren eigenen Betrieben einen großen Beitrag zu einer qualifizierten Berufsausbildung. Auf lange Sicht wird entscheidend sein, ob gute Lebensbedingungen am Arbeitsort herrschen. Für Linz bin ich sehr optimistisch, dass wir hier den richtigen Weg eingeschlagen haben“, analysiert Bürgermeister Klaus Luger abschließend.

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