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Stadion-Befragung: Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit

Fakten gegen Fake News: 10 klare Antworten zum Linzer Streit-Thema Nr. 1

Fast jeder hat eine Meinung zum geplanten LASK-Stadion in der Nähe des Pichlinger Sees. Dabei spielt vieles eine Rolle, ob diese pro oder contra ausfällt. Fakten sind es meistens nicht. Die einen treibt die Liebe zu ihrem Fußball-Klub, die anderen Bedenken über Bodenversiegelung oder befürchtete Belästigung durch Hooligans.

Letzte Woche hat die Bürgerinitiative „Rettet den Pichlinger See“, die eine Bürgerbefragung im Herbst über die Causa erreichen will, ihre abgeschlossenen Unterschriftenlisten präsentiert und gemeint, nun sei alles klar und die Befragung werde es geben – bevorzugt am 29. September, gemeinsam mit der Nationalratswahl. Tatsächlich? Die Berichterstattung der meisten Medien gibt wenig Auskunft dazu. ALLES LINZ gräbt tiefer und beantwortet die 10 wichtigsten Fragen.

1. Die Initiave sagt, sie hätte 8.890 Unterschriften gesammelt, die gültig seien. Ist das so?

Nein. Ihre rechtmäßige Gültigkeit kann per Gesetz nur die Abteilung Pass-, Melde- und Wahlservice des Magistrat-Geschäftsbereichs BürgerInnenangelegenheiten feststellen. Mit der erst kürzlich erfolgten Abgabe der Unterschriften konnte diese ebenso erst kürzlich ihre Aufgabe beginnen. Auch wenn die Bürgerinitiative erklärt, dass sie die nicht zu zählenden Unterschriften der Nicht-Linzer bereits ausgesiebt hat, hat diese weder das Wissen noch das Recht festzustellen, ob alle Linzer Unterschriften authentisch sind, sondern nur der Magistrat.

2. Nach welchen Kriterien sind die Unterschriften gültig?

Die vorgelegten Unterstützungseintragungen müssen von Personen stammen, die zur Gemeinderatswahl 2015 stimmberechtig waren, das heißt damals mindestens 16 Jahre alt waren, die österreichische Staatsbürgerschafft besitzen oder EU-Bürger sind, ihren Hauptwohnsitz in Linz haben und bei denen kein Wahlausschluss vorliegt. Jede Unterstützungserklärung muss vollständig und leserlich sein und darf nicht doppelt oder mehrfach gezählt werden.

3. Die OÖN schreibt, nun sei der Gemeinderat am Zug. Stimmt das?

Noch nicht. Der Gemeinderat tagt in dieser Woche am Donnerstag, 4. Juli. Bis dahin ist es unmöglich, die Prüfung der Unterschriften abzuschließen. Der Magistrat hat nach dem entsprechenden Landesgesetz vier Wochen dafür Zeit, Bürgermeister Klaus Luger berichtet, dass mindestens zwei Wochen benötigt würden. Der Gemeinderat kann somit nicht über einen Termin für eine allfällige Bürgerbefragung abstimmen, da die vollständig überprüften Unterschriften in ausreichender Zahl vor der Sitzung vorgelegt werden müssten. Indem der Gemeinderat der letzte vor der Sommerpause ist, gibt es sonst keine weitere reguläre Möglichkeit, vor September einen Termin festzulegen.

4. Kann der Termin nicht Anfang September festgelegt werden?

Nein. Die übernächste und damit erste Gemeinderatssitzung nach der Sommerpause ist erst für den 26. September terminisiert. Also nur 3 Tage vor einem angestrebten Termin am 29. September. Das ist sowohl rechtlich als auch aus organisatorischer Sicht zu kurzfristig.

5. Gibt es einen anderen Weg, dass der Gemeinderat rechtzeitig einen Beschluss fällt?

Theoretisch ja. Es könnte ein Sonder-Gemeinderat, zum Beispiel im August, abgehalten werden. Dieser wäre allerdings mitten in der Sommerpause. Die meisten Gemeinderäte sind dann wie viele anderen LinzerInnen auch mit ihren Familien im Urlaub und müssten diesen abbrechen, um zur Abstimmung nach Linz zurückzukehren. Von den derzeit 61 MandatarInnen müssten mindestens 31 anwesend sein, um gemäß des Stadtstatuts beschlussfähig agieren zu können.

6. NEOS-Gemeinderat und Wortführer der Bürgerinitiative Lorenz Potocnik sagt, bei „entsprechend politischem Willen“, ließe sich die Befragung am Tag der Nationalratswahl am 29. September problemlos durchführen. Hat er recht?

Jein. Eine zeitgleiche Abhaltung wäre möglich. Jedoch keine innerhalb derselben Organisation, da es sich bei der Bürgerbefragung um eine lokale Entscheidung handelt, die Nationalratswahl aber eine nationale Angelegenheit ist. Deren Wahlordnung lässt die Einbeziehung der Bürgerbefragung rechtlich nicht zu. Würde der Gemeinderat eine gleichzeitige Durchführung beschließen, müsste er damit die Organisation doppelt durchführen: Wahlinformationen, Wahllokale, Wahlzellen, Wahlurnen, Wahlleiter, Wahlbeisitzer – alles dafür Benötigte müsste in zweifacher Ausführung bereitgestellt werden. Wenn die dabei erforderlichen Wahlbeisitzer aufgrund der weit höheren Anzahl nicht wie üblich komplett durch die Parteien bereitgestellt werden könnten, müssten weitere – ähnlich wie Schöffen bei Gericht – durch die Wahlbehörde verpflichtet werden.

7. Wer übernimmt die Kosten und was kostet ein Wahlvorgang?

Sowohl Wahlen wie auch Bürgerbefragungen sind von der Stadt Linz zu bezahlen und kosten jeweils eine knappe Million Euro. Da sowohl die vorgezogenen Nationalratswahl noch eine Bürgerbefragung nicht planmäßig sind und vor ein paar Monaten noch nicht vorhersehbar waren, stellen diese damit eine Mehrbelastung des Budgets von ca. zwei Millionen Euro dar.

8. Wäre eine gleichzeitige Abhaltung der Befragung mit der Nationalratswahl billiger oder teurer?

Jedenfalls nicht billiger. Wie in Antwort 6 erläutert, ist eine organisatorische Einbeziehung der Bürgerbefragung in die Nationalratswahl rechtlich nicht möglich. Die erhoffte Halbierung der Kosten ist damit hinfällig und beide Wahlgänge würden dasselbe kosten, wie wenn sie zu unterschiedlichen Terminen abgehalten würden. Mindestens – denn der verdoppelte Aufwand würde auch einen Engpass bei vielem entstehen lassen, der nur durch finanziellen Mehraufwand kompensiert werden könnte.

9. Wann immer dann eine Bürgerbefragung stattfindet, ist ihr Ergebnis dann rechtlich gültig?

Nein. Eine Bürgerbefragung ist in Österreich generell rechtlich nicht bindend. Egal ob auf der Ebene des Bundes, des Landes oder der Gemeinde. Ein Beispiel dazu ist die landesweite Volksbefragung im Jahr 2000 mit der Frage „Soll in Linz ein neues Musiktheater gebaut werden?“ Obwohl diese mehrheitlich negativ beantwortet wurde, wurde das Musiktheater vom Land OÖ gebaut. Die oftmals angegebene Rechtfertigung, die Befragung hätte sich nur auf das damals angestrebte Projekt eines „Theaters im (Römer)Berg“ bezogen, ist mit Blick auf die Fragestellung als nicht wirklich korrekt zu bewerten.

10. Wie immer die Befragung dann ausgeht, würde diese also nichts bewirken?

Rechtlich nicht. Ob der LASK ein Stadion am angestrebten Standort errichten kann, ist in erster Linie davon abhängig, ob der Gemeinderat mehrheitlich einer Umwidmung des Grundstücks zustimmt und ob die gesetzlich vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), die noch gar nicht begonnen hat und etwa ein Jahr dauert, positiv ausfallen würde. Die Befragung würde nur Druck in Richtung ihres jeweiligen Ausgangs erzeugen. Je klarer das Ergebnis und je höher die Wahlbeteiligung, desto höher würden dieser Druck ausfallen. Es ist also somit verständlich, warum die Bürgerinitiative eine gleichzeitige Durchführung mit der Nationalratswahl anstrebt, da dabei von einer hohen Beteiligung auszugehen ist. Die oben angeführten rechtlichen, organisatorischen und finanziellen Hürden stellen diesen Wunsch jedoch in Frage. Wenn nicht ad absurdum.

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