Weil es nicht egal ist, wie deine Straße heißt
1.148 Straßen und Plätze kommen unter die Lupe
Immer wieder tauchten in der Vergangenheit Informationen auf, die einen Namensgeber einer Linzer Straße in ein fragwürdiges Licht rückten. Ein bekannter Fall aus der Vergangenheit ist der von Franz Lagoth, dessen nach ihm benannte Straße 1986 umbenannt wurde. Aktuell wird über die Dinghoferstraße diskutiert, nachdem bekannt geworden war, dass der ehemalige Linzer Bürgermeister Franz Dinghofer NSDAP Mitglied war.
Und jedesmal wenn es einen solchen Anlass gibt, beginnt die Diskussion von vorne. Kann man was machen? Muss man was machen? Versteckt man die Vergangenheit denn nicht eher nur, wenn man sie vom Stadtplan wischt? Rechtfertigt die Moral, dass sich oft Hunderte Anrainer neue Papiere besorgen müssen und ihrer Wohn-Identität beraubt werden? Soll man Nazis auf ewig mit Straßenamen verherrlichen? Fragen über Fragen, auf die der Linzer Gemeinderat nun eine endgültige Antwort mit einem generellen Lösungsansatz geben will.
556 Straßen sind nach Personen benannt
Denn nach einem einstimmigen Votum im Ausschuss für Finanzen, Innovation und Verfassung soll nun in der kommenden Gemeinderatsitzung die Einsetzung einer Historikerkommission beschlossen werden, die sich der systematischen Aufarbeitung der Geschichte aller NamensgeberInnen widmen soll. „Es sollen alle Straßennamen unter die Lupe genommen werden, damit erstmals eine Übersicht vorliegt, wie viele historisch belastete Straßennamen existieren und worin eine Belastung der historischen NamensgeberInnen begründet ist“, sagt Bürgermeister Klaus Luger. Alle? Alle! In Linz existieren derzeit 1.148 offiziell benannte Verkehrsflächen, 556 (510 Männer und 46 Frauen) davon sind nach Personen benannt. Eine amtliche Benennung von Straßen und Plätzen ist seit 1869 üblich.
Historikerkommission wird eingerichtet
Eine Kommission aus Expertinnen und Experten unter der Leitung des Direktors des Archivs der Stadt Linz, Dr. Walter Schuster, soll die Überprüfung aller Linzer Verkehrsflächen vornehmen. Es sollen etwaige Belastungen in Bezug auf Nationalsozialismus, Antisemitismus, Rassismus, autoritäres Gedankengut oder aus anderen Gründen ermittelt und dokumentiert werden. Auf Basis einer Kategorisierung soll zudem aufgezeigt werden, welche Verkehrsflächen aus welchen Gründen als besonders problematisch anzusehen sind. Die Auswahl der Kommissionsmitglieder erfolgt auf Vorschlag des Direktors des Archivs. Ihre Bestellung erfolgt durch den Bürgermeister.
Erst der Bericht, dann die Diskussion
Es wird ein Endbericht erstellt, der die detaillierten Forschungsergebnisse zu allen untersuchten Straßennamen enthält. Als Termin für den Endbericht ist der 30. Juni 2021 vorgesehen. Auf Basis dieses Endberichts und der Aufarbeitung der Geschichte der in Frage kommenden Personen wird über Konsequenzen im öffentlichen Raum der Stadt Linz entschieden werden.
„Es war und ist stets ein wesentliches Bestreben der Stadt Linz, die Ereignisse während der Zeit des Nationalsozialismus und seiner Vorgeschichte wissenschaftlich aufarbeiten zu lassen. Der nächste Schritt ist nun, sämtliche Linzer Straßen und deren Namensgeber auf ihren historischen Hintergrund zu untersuchen und ebenso zu erforschen, ob die Personen, nach denen in Linz Straßen benannt wurden, Anhänger von Antisemitismus oder Rassismus waren.“
Bürgermeister Klaus Luger