Linzer Industrie zum Zentrum Europas
Bis 2030 soll Linz als internationaler Standort für Wasserstoff-Technologie etabliert werden, das gaben heute Bürgermeister Klaus Luger und der Leiter des Instituts für Physikalische Chemie an der Johannes Kepler Universität in Linz (JKU), Univ.-Prof. Dr. Serdar Sariciftci, bekannt.
Dafür will die Stadt Linz ausländische Unternehmen überzeugen, neue Forschungs- und Produktionsstätten in Linz anzusiedeln und die bestehenden Industriebetriebe bei der Umrüstung der Produktion unterstützen. Gleichzeitig soll in Form von Bürgerbeteiligungsprozessen Expertise aus der Bevölkerung in Projekte miteinbezogen werden. Unter 500 Befragten einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Spectra im Juli zeigt sich, dass Wasserstofftechnologie bereits bei einer Mehrheit an Bekanntheit stößt. Die Ergebnisse bestärken den Willen der Initiative H2Linz, die Linzer Industrie mit erneuerbar hergestellten Kraftstoffen, wie Wasserstoff, zu bedienen und voranzutreiben. Zwei Drittel der Befragten sehen darin sogar eine vielversprechende Lösung.
Für die Zukunft unserer Stadt ist es entscheidend, dass wir uns bei dieser Technologie stark positionieren und als Standort attraktiver werden. So werden in der für Linz wichtigen Industrie neue Arbeitsplätze entstehen können, die Lebensqualität in der Stadt steigen und unsere Klimaziele erreicht werden.”
Linzer Stadtoberhaupt Klaus Luger
Erneuerbar hergestellte Kraftstoffe als Energiequelle werden in Zukunft eine entscheidende Rolle spielen. Wasserstoff ist das einfachste Molekül, das durch Elektrolyse von Wasser mit Hilfe von Solar- und Windstrom erzeugt werden kann. Wasserstoff lässt sich anschließend gemeinsam mit CO2 in Alkohole und andere künstliche Brennstoffe umwandeln. Dadurch können die Nutzungsmöglichkeiten von Wasserstoff für die Industrie weitgehend erweitert werden. Am Ende steht die Umwandlung der Industriegesellschaft von fossilen Brennstoffen wie Kohle und Erdöl auf erneuerbare, künstliche Brennstoffe, die entweder vollkommen CO2-frei sind (wie purer Wasserstoff) oder eine zyklische CO2-Nutzung darstellen (wie z.B. in Alkohole umgewandelter Wasserstoff). Zuletzt ist auch dadurch eine chemische Speicherung der Solar- und Windenergie implizit erreicht. Das ist die neue Revolution.“
Univ. Prof. Dr. Serdar Sariciftci
Weltweiter Trend zur Wasserstoff-Technologie
Laut einer aktuellen Studie des internationalen Beratungsunternehmens McKinsey wird Wasserstoff spätestens im Jahr 2030 in mehreren Bereichen Erdöl und Erdgas ablösen, beispielsweise beim Antrieb von Schwerfahrzeugen und Bussen. Durch CO2-Steuern werden fossile Energiequellen auch in der industriellen Produktion zunehmend teurer als Wasserstoff. Wasserstoff wird also die Wirtschaft grundlegend verändern, vor allem auch die industrielle Produktion, wie zum Beispiel die Stahlerzeugung.
Bedeutung für die Linzer Wirtschaft
Wie bei jeder fundamentalen Veränderung wird es in Europa auch in diesem Fall Gewinner und Verlierer geben. Manche Städte und Regionen werden es schaffen, von dieser Entwicklung zu profitieren. Andere werden darunter leiden, weil sie sich nicht schnell genug darauf einstellen. Linz wird diese Chance nützen, denn es hat – im Vergleich zu anderen Städten – eine Sonderstellung: In kaum einer Stadt hat die Industrie eine derart große Bedeutung – sowohl die Arbeitsplätze als auch den Wohlstand insgesamt betreffend.
Bedeutung für den Klimaschutz
Linz kommt in Österreich zum Erreichen der Klimaziele eine besondere Rolle zu, weil die in der Stadt ansässige Industrie 10 % des bundesweiten CO2-Ausstoßes verursacht. Das bedeutet für Linz die Möglichkeit und die Verantwortung, einen signifikanten Beitrag zum Erreichen der Klimaziele Österreichs zu leisten. Die Umrüstung der Linzer Industrie auf Wasserstoff-Technologien ist eine umfangreiche Aufgabe, die nur als gemeinsames Projekt der Stadt Linz, der Industriebetriebe gemeinsam mit dem Land Oberösterreich und der Bundesregierung erfolgreich sein kann.
Eckpunkte der Wasserstoff-Initiative der Stadt Linz
1) Ausbau der Forschung zu Wasserstoff in Linz
Die Stadtpolitik unterstützt den Ausbau von Forschungseinrichtungen (universitär und außeruniversitär) durch Kooperationen mit dem Land Oberösterreich, der Bundesregierung und der EU-Kommission und richtet eine Koordinationsstelle zwischen Wissenschaft, Industrie und Stadtregierung ein, in der sämtliche Maßnahmen gemeinsam entwickelt und überwacht werden.
2) Anwendung von Wasserstoff-Technologien in den Betrieben der Stadt
So reagiert Linz als Industriestadt vorbildlich auf den Klimawandel, trägt signifikant zur Reduktion von CO2-Emissionen bei und kann die Klimaziele auch selbst schneller erreichen. Das reicht von Wasserstoff-Bussen im öffentlichen Verkehr bis zu Brennstoffzellen in der Strom- und Wärmeerzeugung.
3) Unterstützung der Linzer Industriebetriebe zur schnellen Umrüstung
Durch die Initiative “H2Linz” können Linzer Industriebetriebe schneller auf neue (Klima-)Technologien umrüsten, mit führenden internationalen Partnern kooperieren und in ihren Märkten erfolgreicher sein. Die bereits ansässigen Unternehmen sind von Beginn an in die Planung und Ausrichtung des Programms eingebunden, damit ihre Interessen dabei wahrgenommen werden und sie langfristig davon profitieren.
4) Standortpolitik für die Ansiedlung von Technologieführern bei Wasserstoff in Linz mit eigenen Niederlassungen
Es werden Rahmenbedingungen geschaffen, damit internationale Unternehmen dieses Sektors die Stadt Linz als EU-Standort auswählen – mit hoch qualifizierten Arbeitskräften, Förderung von Betriebsansiedlungen, Ausbau von Forschungseinrichtungen, Ansiedlung von Zulieferbetrieben sowie einer hohen Lebensqualität für die Familien von Spitzenkräften.
5) Positionierung von Linz als Kompetenzzentrum
Linz wird international und in Österreich als Industriestandort für Zukunftstechnologien gesehen, wo Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und Lebensqualität für die BürgerInnen gleichermaßen nachhaltig entwickelt werden.
6) Einbindung der Linzerinnen und Linzer
In die großen Maßnahmen des Programms sind die Bürgerinnen und Bürger der Stadt mit zeitgemäßen Formen der Bürgerbeteiligung eingebunden, damit ihr Interesse an neuen Arbeitsplätzen, mehr Lebensqualität und einem nachhaltigen Beitrag zum Klimaschutz gut vertreten ist.
Durch die Nischen-Positionierung auf Wasserstoff-Technologien entstehen neue Arbeitsplätze, weil sich internationale Unternehmen ansiedeln, die ein entsprechendes Umfeld und einen Standort in einem EU-Land benötigen.
Im Herbst 2021 beginnt die Umsetzung
Für den Aufbau der Initiative “H2Linz” sind ab Herbst 2021 folgende Projekte geplant:
Linzer Wasserstoff-Rat
Mit den wichtigsten Playern aus der Linzer Industrie, der Forschung, der Verwaltung und den Banken wird der Linzer Wasserstoff-Rat gebildet. Dieser ist in die Strategie einbezogen, erarbeitet Empfehlungen und sorgt dafür, dass alle wichtigen Handlungsfelder aufeinander abgestimmt sind.
Betriebsanwerbung
Internationale Unternehmen erfahren, dass sie in Linz beim Thema Wasserstoff bessere Voraussetzungen vorfinden als anderswo. Mit einem Programm zur Betriebsanwerbung werden geeignete Unternehmen recherchiert und auf Vorstandsebene angesprochen. Für die wichtigsten Kriterien bei der Auswahl von Standorten werden die Vorteile und Argumente für Linz aufbereitet. Besondere Anreize werden entwickelt und kommuniziert.
Bürgerbeteiligungs-Programm
Die Linzerinnen und Linzer werden laufend über die Ziele und Maßnahmen der Initiative H2Linz informiert. Jene Linzerinnen und Linzer, die sich mit diesem Thema bereits intensiv befassen, können ihre Expertise und Kontakte einbringen. Die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger wird im Innovations-Hauptplatz Linz erfolgen, da dort bereits die Kompetenz und Technologie für Partizipation gegeben ist.
Pilotprojekte für die Wasserstoff-Musterstadt Linz
Im Rahmen des Projekt-Aufbaus und unter Einbindung der Partner werden Pilotprojekte definiert und konzipiert, welche die Wasserstoff-Musterstadt Linz greifbar und sichtbar machen und die internationale, aber auch lokale Kommunikation für das Projekt wirksam unterstützen. Als Kriterien für die Auswahl dieser Pilotprojekte werden auch deren rasche Umsetzbarkeit und Signalwirkung berücksichtigt werden.