Klimasondersitzung des Linzer Stadtsenates
In der Vergangenheit hat sich Linz durch emissionsmindernde Maßnahmen und andere Weichenstellungen zur saubersten Industriestadt, zur sozialen Friedensstadt und einem produktiven Wirtschaftsstandort entwickelt. Die im November 2019 verabschiedete 1. Linzer Klimastrategie hat hier angeknüpft und mit einem vielseitigen Maßnahmenkatalog für Klimaschutz und für Anpassungen an den Klimawandel neue Schwerpunkte gesetzt sowie für konkrete Umsetzungen gesorgt. So wurden beispielsweise ein Klimabeirat bestellt, ein Klimafonds geschaffen, mehrere Begrünungsprojekte realisiert. Der nächste Schritt in der gemeinsamen Linzer Klimapolitik stellt nun der Aufbruch zur Klimaneutralität dar.
Um zu beraten, wie der Weg von Linz zur klimaneutralen Industriestadt bis spätestens 2040 aussehen soll, wurde heute, am Donnerstag, 20. Jänner 2022, eine Klimasondersitzung im Senat der Stadt Linz abgehalten. Klimaneutralität bedeutet, ein Gleichgewicht zwischen Treibhausgasemissionen und der Aufnahme von Kohlenstoff aus der Atmosphäre in sogenannten Senken (z. B. in gesunden Wälder, Böden oder durch technische Lösungen) herzustellen. Neben einem Impulsvortrag zu stadtinternen Vorarbeiten von der Klimastabsstelle wurde der Linzer Stadtsenat auch von Univ.-Prof. Karl Steiniger, Experte für die Ökonomik des Klimawandels des Wegener Center für Klima und Globalen Wandel der Universität Graz, hinsichtlich Steuerung und Evaluierung von kommunaler Klimaneutralität beraten.
Die Begegnung einer solchen Herausforderung bedarf die Expertise aus den unterschiedlichen Ressorts. Denn, um dem Klimawandel und seinen Auswirkungen entgegentreten zu können, müssen wir in der Stadtregierung parteiübergreifend agieren und uns bereits funktionierende Maßnahmen aus der Praxis holen. Es freut mich, mit dass sowohl Politik und Gesellschaft als auch Wirtschaft und Industrie in der Auseinandersetzung mit den Klimafolgen an einen Strang ziehen. Nur so können wir den Weg zu einer klimaneutralen Stadt schaffen.“
Bürgermeister Klaus Luger
„In den letzten Jahren haben wir die Auswirkung der Klimakrise auch in unserer Stadt und am eigenen Leib verspürt. Vermehrte Hitze und Dürre, Hagel-, Starkregen- und Unwetterereignisse sind die bereits jetzt nicht mehr abwendbaren Folgen der Klimakrise, auf die wir uns vorbereiten müssen. Gleichzeitig müssen wir mit aller Kraft und Vehemenz daran arbeiten, dass unsere Stadt klimaneutral wird. Dies ist tatsächlich die Aufgabe unserer gesamten Generation und kann daher nur durch Zusammenarbeit und mit Einbindung aller gelingen. Wir müssen jetzt mit einer ambitionierten Klimapolitik auch in der Stadt vorangehen, denn nur so sichern wir auch die Job- und Zukunftschancen unserer Kinder,“ so Klimastadträtin Mag.a Eva Schobesberger.
Treibhausgasemissionen auf ein Null-Niveau senken
Klimaneutralität bis Mitte des 21. Jahrhunderts ist notwendig, damit die globale Erwärmung auf 1.5 Grad Celsius bzw. deutlich unter 2 Grad Celsius (gegenüber vorindustriellen Zeit) begrenzt werden kann. Dieser kritische Schwellenwert wurde im Pariser Klimaabkommen von 195 Ländern, einschließlich Österreich, beschlossen. Durch Einhaltung dieses Ziels kann sichergestellt werden, dass Hitze, extreme Wetterphänomene und weitere Schäden des Klimawandels verhindert werden bzw. nicht zunehmen. Klimaneutraliät ist daher mit einer tiefgreifenden Reduktion von Treibhausgasemissionen (wie z. B. CO2, CH4 und N2O) verbunden und strebt Netto-Null-Emissionen bzw. eine möglichst umfassende Dekarbonisierung der Gesellschaft an. Somit müssen „unter dem Strich“ sämtliche Treibgasgasemissionen aus diversen Sektoren, wie Verkehr, Gebäude, Energiewirtschaft, Industrie und Landwirtschaft etc., mittelfristig bei null liegen. Lediglich die unvermeidbaren Restemissionen werden durch geeignete Kompensationsmaßnahmen ausgeglichen.
Die Handlungsübersicht zur 1. Linzer Klimastrategie und auch die Leitlinien der Linzer Stadtregierung 2021 – 2027 sehen vor, im eigenen Wirkungsbereich die kommunalen Treibhausgasemissionen möglichst rasch zu reduzieren und langfristig weitgehend zu beseitigen. Im erweiterten Wirkungsbereich stellen die städtische Wasserstoffinitiative H2 Linz bzw. die Umrüstung auf Wasserstoff-Technologien in der Industrie weitere wichtige Bausteine für eine klimaneutrale und zukunftsfähige Stadt dar.
Aus Sicht der Stadt Linz ist es daher wichtig, dass
- in Abstimmung mit der Unternehmensgruppe Linz ein Klimaneutralitätskonzept inkl. sektorspezifische Maßnahmen zeitnah erarbeitet wird,
- das Jahr 2040 als Zielhorizont der städtischen Klimaneutralitätsbemühungen festgelegt wird, wobei als Meilenstein bereits im Jahr 2030 eine signifikante Reduktion der kommunalen Treibhausgasemissionen erreicht werden soll,
- im Klimaneutralitätskonzepts ein Prozess der Wirkungskontrolle bzw. Evaluierung von Klimaschutzmaßnahmen definiert wird und dadurch auch die 1. Linzer Klimastrategie weiterentwickelt bzw. gestärkt wird.
Stadtinterne Vorarbeiten zur Klimaneutralität bis spätestens 2040
Das Erreichen von Klimaneutralität in der Stadt Linz ist ein ganzheitlicher Prozess und baut daher auf mehreren stadtinternen Vorarbeiten auf. So enthält das im Oktober 2021 veröffentlichte erste Sonderheft der Klimastabsstelle „Klimamaßnahmen in Linz steuern und beschleunigen“ wichtige Ansätze, sowohl auf Steuerungsebene als auch auf Ebene der Maßnahmen in einzelnen Sektoren. Um ein gegenseitiges Lernen hinsichtlich klimaneutraler Daseinsvorsorge zu ermöglichen, sollte beispielsweise die Stadt Linz neue Partnerschaften mit Klimamusterstädten aus Europa und / oder anderen Teilen der Welt eingehen und bei Neubauten vermehrt auf die klimaneutrale Baustoffe zurückgreifen. Zudem gibt es eine Reihe von Klimaprojekten am Magistrat Linz, wie zum Beispiel das von der FFG geförderte Forschungsvorhaben KlimaStadtLinz2030, das fachliche Grundlagen liefert und CO2-Reduktionspotenziale in den Sektoren Energie, Verkehr, Wohnen und Betriebe unter Beteiligung von AkteurInnen wie Stadtverwaltung, städtischen Unternehmen und BürgerInnen zusammenträgt. Auch die im November 2021 herbeigeführte strategische Kooperation der Stadt Linz mit dem Climate Change Centre Austria (CCCA) stellt eine wichtige unterstützende Maßnahme für ein klimaneutrales Linz bis spätestens 2040 dar. So konnte Univ.-Prof. Karl Steininger vom Wegener Center für Klima und Globalen Wandel als namhafter Experte für die Ökonomik des Klimawandels für die Klimasondersitzung gewonnen werden.
Stadt Linz setzt bei Klimaneutralität auf Begleitung durch EU-Mission „100 Climate-neutral Cities“ und neue BMK-Initiative „Die klimaneutrale Stadt“
Auch die Europäische Union hat die besondere Rolle der Städte bei der Erreichung der Klima- und Energieziele erkannt und plant 100 europäische Städte auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2030 im Rahmen der EU-Innovations- und Forschungspolitik zu unterstützen. Die Teilnahme an der europäischen Städte-Mission öffnet die Tür zu Fördermitteln und Unterstützungsleistungen, um rasch die notwendigen Schritte zur Erreichung der Klimaneutralität realisieren zu können. Die Stadt Linz wird sich bei dieser Ausschreibung beteiligen.
Parallel dazu wird seitens des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) an einer neuen nationalen Leitinitiative „Die klimaneutrale Stadt“ gearbeitet. Diese soll österreichische Städte wie Linz durch maßgeschneiderte Formate bei der Umsetzung ihrer Struktur- und Maßnahmenpläne in Richtung Klimaneutralität unterstützen.
© Steininger, Karl W. – Steininger, Karl, Univ.-Prof. Mag. Dr.rer.soc.oec. (uni-graz.at)