„Bevölkerung gegen Sexismus, Machtungleichheit und Diskriminierung sensibilisieren“
Sexismus ist nicht nur sexuelle Belästigung, sondern umfasst jede Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Davon betroffen sind alle Lebensbereiche und alle Menschen. Nur mit gemeinsamen Anstrengungen können sexistische Bemerkungen, Übergriffe, Darstellungen und Stereotype überwunden werden.
Die EU-weite Kampagne „JUMP“ zeigt auf, wo Ungleichbehandlungen – zwischen Frauen und Männern – stattfinden, wie gleiche Verhaltensweisen unterschiedlich bewertet werden und wie stark diese Klischees immer noch in unserer Gesellschaft, vor allem im Arbeitsalltag, verankert sind.
Die Stadt Linz beteiligt sich als zweite österreichische Stadt an der Kampagne und folgt damit dem Beispiel der Stadt Graz, die bereits im Vorjahr mit einer Kampagne gegen Sexismus an die Öffentlichkeit trat. Die Sujets der Kampagne wurden unter dem Titel „Free Your Organisation from Sexism“ zur Verfügung gestellt von JUMP, einer in Brüssel angesiedelten Organisation, die sich Gleichbehandlungsthemen auf dem gesamten Kontinent widmet.
Die Plakate wurden europaweit in mehreren Sprachen – konkret auf Englisch, Französisch, Niederländisch und Deutsch – veröffentlicht. Die Sensibilisierungskampagne „Gib Sexismus keine Chance!“ wird vom Frauenbüro der Stadt Linz in Zusammenarbeit mit dem städtischen Kommunikationsressort realisiert und beruht auf einem einstimmigen Beschluss des Linzer Gemeinderates. Das Frauenbüro und der städtische Geschäftsbereich Kommunikation und Marketing wurden beauftragt, bewusstseinsbildende Maßnahmen gegen Sexismus und sexuelle Belästigung zu entwickeln und umzusetzen.
„In einer offenen, modernen und gleichberechtigten Gesellschaft hat Sexismus keinen Platz. Und doch begegnet er uns nach wie vor täglich und überall – ob in Medien und Kultur, in der Werbung, am Arbeitsplatz, aber auch in anderen Bereichen. Die Stadt Linz positioniert sich mit der Kampagne gegen Sexismus klar und deutlich gegen das Herabwürdigen von Menschen aufgrund ihres Geschlechts in jedweder Form. Auf allen städtischen Kommunikationskanälen sensibilisiert diese die Bevölkerung gegen Machtungleichheit und Diskriminierung mit dem Ziel, langfristig eine Gleichstellung der Geschlechter herbeizuführen“.
Bürgermeister Klaus Luger.„Sexismus ist in unserer Gesellschaft sehr viel weiter verbreitet, als wir es auf den ersten Blick sehen. Es geht dabei um Machtmissbrauch, Grenzverletzungen und Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Sexismus führt zu ungleichen Chancen und sexueller Belästigung bis hin zu Gewalt. Der Übergang von Sexismus zu sexueller Belästigung ist fließend. Das geht uns alle an. Ebenda setzt die städtische Kampagne an. Die Sujets zeigen auf, wo Ungleichbehandlungen zwischen Frauen und Männern immer noch vorhanden sind.“
Stadträtin Mag.a Eva Schobesberger
„Aufgabe der Stadt Linz ist es, sowohl als Kommune als auch in der Rolle eines großen Dienstgebers einen starken Fokus auf die Gleichstellung der Geschlechter zu legen. Je besser die Gleichstellung in allen Lebensbereichen verankert wird, desto weniger Chance haben Diskriminierung und Sexismus. Das städtische Frauenbüro setzt sich ganzjährig mit zahlreichen Aktionen, Projekten und Aktivitäten für die Überwindung tradierter Rollenbilder ein. Der Magistrat als Arbeitsgeber positioniert sich klar gegen Sexismus. Die Kampagne setzt ein wertvolles Zeichen, um die Linzerinnen und Linzer zu sensibilisieren sowie Frauen und Mädchen zu stärken“, macht auch Personaldirektorin Mag.a Brigitta Schmidsberger auf die Kampagne aufmerksam.
Was ist Sexismus?
In der Empfehlung des Europarates zur Bekämpfung von Sexismus wird der Begriff Sexismus am Arbeitsplatz unter anderem definiert als „… abfällige Kommentare, Objektifizierung, sexistischer Humor oder Witze, aufdringliche Bemerkungen, Personen zum Schweigen bringen oder sie ignorieren, überflüssige Bemerkungen über Kleidung und körperliche Erscheinung, sexistische Körpersprache, mangelnder Respekt und männliche Praktiken, die Frauen einschüchtern oder ausschließen und andere Männer begünstigen“.
Das Linzer Frauenbüro hat vor drei Jahrzehnten seine Arbeit für die Gleichstellung von Frauen aufgenommen. Mit den unterschiedlichsten Projekten und Initiativen für Frauen und Mädchen wurde dabei vieles erreicht und vor allem ein Bewusstsein für die Gleichstellung der Geschlechter und nachhaltige Unterstützungsangebote geschaffen. Dennoch gibt es viele Bereiche, in welchen Frauen aufgrund der gesellschaftlichen Verhältnisse nach wie vor benachteiligt sind. So zeigt der 2018 aktualisierte Frauenbericht der Stadt Linz auf, dass vor allem die Benachteiligungen von Frauen am Arbeitsmarkt viele langfristige Risiken für Frauen bergen. So sind Frauen in ihrer Erwerbsbeteiligung gegenüber Männern quantitativ vor allem aufgrund von Teilzeit-Arbeitsverhältnissen und qualitativ (beispielsweise aufgrund von Beschäftigungen in Niedriglohnbranchen, Positionen in niedrigeren Hierarchien) benachteiligt, was zu prekären finanziellen Lagen führen kann, vor allem dann, wenn Kinder vorhanden sind.
Kampagne „Gib Sexismus keine Chance!“
Je mehr Menschen zu diesem Thema sensibilisiert sind, umso besser und schneller kann langfristig eine Veränderung im Verhalten herbeigeführt werden. Das städtische Frauenbüro setzt laufend thematische Schwerpunkte sowie einschlägige Maßnahmen, auch im Hinblick auf Täterarbeit und Opferschutz bei Gewalt gegen und Diskriminierung an Frauen.
Ergänzend dazu, weitet das Frauenbüro diese Sensibilisierungsmaßnahmen mit der Beteiligung an der Kampagne gegen Sexismus aus. Als wesentlicher Teil der Kampagne gilt – neben einer Plakat-Kampagne im gesamten Stadtgebiet – daher auch ein umfassendes Info-Angebot für Bürger*innen. Ab heute bietet die Website www.linz.at/gegen-sexismus Informationen und weiterführende Links zum Thema Sexismus an und präsentiert bewusstseinsbildende Maßnahmen für Gleichstellung und gegen Ungerechtigkeiten.
Die Kommunikation der Stadt Linz legt darüber hinaus in den kommenden Wochen einen Schwerpunkt auf das Thema Sexismus und wird in regelmäßigen Abständen Informationen über ihre Kanäle (u.a. Presseaussendungen, Newsletter, Social Media, Infoscreens in Bussen und Straßenbahnen) publizieren.
Zudem lädt das Gleichbehandlungsbüro der Stadt Linz alle Führungskräfte des Magistrats und der Unternehmensgruppe der Stadt Linz (UGL) zu einem Vortrag zum Thema Genderkompetenz ein.
„Rollenklischees, Patriarchat, Frauenfeindlichkeit und eine Kultur, welche Gewalt und Belästigung duldet, ist stets zu bekämpfen. Mit dem breiten Informationsangebot sensibilisiert die Stadt die Bevölkerung öffentlich. Eine wichtige Maßnahme, um ein Null-Toleranz-Umfeld für sexistisches Verhalten, psychische und sexuelle Belästigung weiter zu verstärken. Belästigungen, Hassparolen, sexistische Anfeindungen sind inakzeptabel in Unternehmen, im gesellschaftlichen Kontext, in den sozialen Medien, genauso wie in jedem anderen Lebensbereich“, betonen Bürgermeister und Medienreferent Klaus Luger, Frauenstadträtin Mag.a Eva Schobesberger und Personaldirektorin Mag.a Brigitta Schmidsberger unisono.
Die Stadt Linz startet eine umfassende Plakatkampagne im gesamten Stadtgebiet.
Gleiche Arbeit, gleicher Lohn!
Aktuellen Berechnungen der Arbeiterkammer OÖ zufolge fiel der Equal Pay Day in Linz im vergangenen Jahr auf den 5. November 2022. Somit arbeiten Linzerinnen – im Durchschnitt und im Vergleich zu den Linzern – 57 Tage „gratis“. Das entspricht einem Einkommensunterschied von 15,6 Prozent auf Basis ganzjähriger Vollzeiteinkommen.
Das liegt zum Großteil daran, dass Frauen in der Arbeitswelt häufiger bei Beförderungen übergangen werden sowie Lohn- und Gehaltsforderungen eine andere Bewertung erfahren. Lohn- und Gehaltsforderungen sowie der Wunsch nach einer Beförderung werden bei Männern mit positiven Eigenschaften wie Durchsetzungsvermögen und Selbstbewusstsein in Verbindung gebracht. Bei Frauen eher mit negativen Eigenschaften wie „Karrieregeilheit“ und Maßlosigkeit. Diese Ungerechtigkeit macht es für Frauen deutlich schwieriger, überhaupt Forderungen zu stellen. Und verhindert Chancengleichheit und Gleichberechtigung.
Erst, wenn Forderungen von Frauen gleichermaßen bewertet werden wie jene der Männer, wird es möglich sein, den Gender Gap zu schließen.
Typisch Frau? Typisch Mann?
Häufig fängt es bereits bei Bewerbungsgesprächen an. „Was machen Sie mit Ihren Kindern, wenn diese krank sind?“, „Wie bringen Sie Beruf und Familie unter einen Hut?“. Fragen, die fast ausschließlich Frauen beantworten müssen, während bei Männern der Familienstand sowie etwaige Betreuungspflichten – wenn überhaupt – eine untergeordnete Rolle spielen.
Ist eine Frau beruflich erfolgreich, kann das scheinbar nicht mit rechten Dingen zugehen. Frauen sind weitaus häufiger Anfeindungen ausgesetzt, sehen sich häufiger mit bösartigen Unterstellungen konfrontiert und müssen öfter Rechenschaft darüber ablegen, wie es denn zu dieser Beförderung gekommen ist. Im günstigsten Fall werden sie „nur“ als Quotenfrau abgestempelt, denn nur selten werden Frauen die gleichen Kompetenzen zugesprochen wie Männern. All diese Umstände machen den Karriereweg von Frauen steiniger, erfordern mehr Mut, Entschlossenheit und auch Ausdauer und Kraft.
Um diesen Missstand zu beenden, muss die Gesellschaft – in beruflichen wie im privaten Kontext – Frauen und Männern die gleichen Kompetenzen und Fähigkeiten zugestehen und intensiv gegen Klischees und Vorurteile ankämpfen.
Nachwuchs als Karrierebremse?
Die Geburt eines Kindes verursacht für viele Frauen einen gewaltigen Karriereknick. Frauen werden häufig schon vor der Familienplanung schlechter bezahlt, da seitens des Arbeitgebers die Befürchtung im Raum steht, dass die Mitarbeiterin aufgrund der Geburt eines Kindes länger ausfallen könnte. Auch nach der Geburt des Kindes werden Mütter bei beruflichen Beförderungen und Aufstiegsmöglichkeiten aufgrund vorhandener Kinderbetreuungspflichten übergangen. Väter hingegen spüren beruflich kaum bis gar keine negativen Auswirkungen. Grund dafür ist vor allem, dass immer noch der Großteil der anfallenden Sorgearbeit weitgehend von Frauen übernommen wird. Längere Karenzzeiten von Männern für Kinderbetreuung finden weder gesellschaftlich noch von Arbeitgeberseite die nötige Akzeptanz. Und wenn, dann häufig nur die gesetzliche Mindestdauer von zwei Monaten. Die wirklich faire Lösung bestünde darin, die Ausfallzeiten aufgrund der Geburt eines Kindes auf beide Elternteile gerecht aufzuteilen. Somit wäre das „Ausfallsrisiko“ für den Arbeitgeber bei beiden Geschlechtern gleich hoch und würde zumindest dahingehend bei diversen Personalentscheidungen eine untergeordnete Rolle spielen.