Sie ist rund 250 Meter lang, verbindet den Pfarrplatz und den Taubenmarkt – und ist derzeit noch vollgestopft mit Autos: Die Rede ist von der Domgasse, die nun völlig neu gestaltet wird. Unter aktiver Einbindung der Anwohner*innen und der Kunstuniversität wird ein Projekt realisiert, bei dem den Menschen der überwiegende Teil des Straßenraumes zurückgegeben wird und dadurch die Lebens- und Aufenthaltsqualität enorm gesteigert wird. Dazu braucht es eine durchgreifende Verkehrsberuhigung, ein Ziel, das nur mit einem Stopp des Durchzugsverkehrs durch Parkplatzsuchende erreicht werden kann. Dazu gehören Temporeduktionsmaßnahmen und eine Straßenraumgestaltung, die nicht dem ruhenden Verkehr an der Oberfläche Priorität einräumt, sondern kommunikativen Bereichen den Vorzug gibt. Dieses Ziel soll mit einer Begegnungszone erreicht werden, die zusammen mit den Anrainer*innen gestaltet wird.
Dies geschieht in einem partizipativen Prozess gemeinsam mit Anwohner*innen und unter Einbindung der Kunstuniversität. Zwei Bürger-Informationsveranstaltungen haben bereits stattgefunden, dabei wurden verschiedene Wünsche und Vorschläge deponiert. Als größte Wünsche wurden dabei mehr Bepflanzung sowie bessere Bedingungen für Radfahrer*innen und Fußgänger*innen angegeben.
Derzeit „gehört“ die Domgasse dem Verkehr
In einem ersten Schritt wird nun eine Begegnungszone verordnet, nach dem Linz-Marathon (sprich dem 17. April) wird diese sichtbar werden. Zusätzlich wird auch der Straßenraum schrittweise durch Sitzmöbel, mobiles Grün und Ähnlichem, aufgewertet werden. Dabei werden neben den Bürger*innen des Stadtteils und den dort situierten (Gastronomie-)Betrieben auch Student*innen der vor Ort situierten Kunstuniversität mit ins Boot geholt.
In der Sitzung des Stadtsenats vom 2. März 2023 wurde einstimmig ein Projekt beschlossen, das unter professioneller Leitung durch das in Linz ansässige Studio Clemens Bauder ein Pilotprojekt zur umfassenden Neugestaltung der Domgasse entwickeln soll. Ein Beitrag zum laufenden Stadtentwicklungsprozess soll im Rahmen der interdisziplinären Lehrveranstaltung „Workshop Begegnungszone Domgasse“ im Sommersemester 2023 an der Kunstuniversität erarbeitet werden. Wobei Bauder auch sagt: „Die Herausforderung bei einem partizipativen Prozess ist es, die sich wandelnden Positionen und Bedürfnisse aller Akteur*innen zu bündeln, zu koordinieren und in ein ganzheitliches, breit getragenes Gesamtkonzept zu überführen“. Und Kunstuni-Rektorin Brigitte Hütter ergänzt: „Die Kunstuniversität hat in ihren Innenhöfen bereits ein erstes gemeinschaftliches Projekt umgesetzt, um deren Nutzung mit Mitteln der Kunst und Gestaltung von allen Seiten zu beleuchten und mit den Nutzerinnen und Nutzern zu diskutieren. Auch für die Domgasse wird nun dieser partizipative Ansatz in der interdisziplinären Lehrveranstaltung von Clemens Bauder umgesetzt.“
Im Juni sollen die Ergebnisse aus der Lehrveranstaltung präsentiert werden. „Die Entwicklung der Domgasse ist praktisch ein Labor im Maßstab 1:1“, sagt Clemens Bauder. Mit dem Ende des Sommersemesters und dem damit einhergehenden Ende des Workshops soll die Umgestaltung allerdings nicht zu Ende sein. Auch über den Sommer hinweg werden gemeinsam mit den Anwohner*innen weitere Schritte erarbeitet. Bis Ende des Jahres soll schließlich feststehen, wie die Domgasse endgültig umgestaltet werden kann.
Domgasse vor rund 100 Jahren – auch damals parkten dort Autos Foto: Archiv der Stadt Linz
Schon wesentlich früher, nämlich am letzten April-Wochenende, planen die Gastronomen in der Domgasse ein Domgassenfest, um zu dokumentieren, dass sich die Gasse weg vom Parkplatz hin zu besserer Aufenthaltsqualität entwickeln wird.
Viel Grün, weniger Tempo und Fahrradabstellplätze in der Domgasse
Durch die Verordnung einer Begegnungszone beträgt die erlaubte Höchstgeschwindigkeit hinkünftig nur mehr 20 km/h, alle Verkehrsteilnehmer*innen dürfen die Fahrbahn gleichberechtigt nutzen. Dies erfordert eine erhöhte gegenseitige Rücksichtnahme.
Gleichzeitig wird die Fahrbahn durch Aufbringen einer Randlinie neu definiert. Dadurch werden in der gesamten Domgasse rund 30 Parkplätze entfallen. Bewohner*innenparken ist in Zukunft einerseits in der Pfarrgasse sowie andererseits auf vier Parkplätzen in der Domgasse möglich. Die restlichen Parkplätze werden in eine konsumfreie Zone transformiert, die in einem ersten Schritt mit mobilem Grün und neuen Aufenthaltsmöglichkeiten gestaltet wird.
Es entstehen ebenso neue Gastgärten, die Bestehenden werden vergrößert und neu gestaltet. Zusätzliche Abstellflächen für Fahrräder und E-Scooter werden geschaffen.
Es kommt im Bereich vor der Post zu einer Verschwenkung der Fahrbahn auf den linken Straßenrand und damit zu einer Vergrößerung der nördlich gelegenen Gehsteigbereiche. Dies bietet die Möglichkeit, bestehende Gastgärten zu vergrößern und konsumationsfreie Zonen mit Sitzgelegenheiten zu schaffen.
Vor dem Kurvenbereich bleiben auf nördlicher Seite Parkflächen für Bewohner*innen bestehen und es wird eine Ladezone vorgesehen. Danach schwenkt die Fahrbahn wieder in die Mitte und wird im Kurvenbereich um den Alten Dom rechtsseitig geführt.
Der Dom wird dadurch gewissermaßen freigestellt und sichtbarer, es ergibt sich die Möglichkeit, einen barrierefreien Zugang zu schaffen. Im Anschluss daran kann durch die rechtsseitige Verkehrsführung aus Verkehrssicht ein Gastgarten vor dem Pub Chelsea ermöglicht werden. Ab dem Einmünden der Annagasse verschwenkt sich die Fahrbahn wieder nach links. Zu rechter Hand können für die bestehenden Lokale zusätzliche Gastgartenflächen in der Domgasse geschaffen werden, anschließend ist dort eine Ladezone situiert.