
Dass die Linzer Landstraße wegen der Bim keine „richtige“ Fußgängerzone sei, wird oft kritisiert. Aber warum ist das so? Die kurze Antwort ist: Weil die Straßenbahn fast 100 (!) Jahre vorher da war! Die lange Antwort beschreibt, wie es dazu kam.
Vor 1880 wurde der Verkehr in Linz mit Kutschen und Fuhrwerken bestritten. Wer keinen eigenen fahrbaren Untersatz hatte oder eine kurze Mitfahrgelegenheit brauchte, bediente sich vor allem des in Wien bis heute berühmten Fiakers. Das änderte sich erstmals, als 1878 den Linzer und Urfahraner Gemeinderäten Angebote zur Betreibung einer Straßenbahn vorgelegt wurden. Den Zuschlag erhielt ein gewisser Ing. Ludwig Philipp Schmidt, Generaldirektor der Pferdetramway in Triest, der um die Bewilligung zum Bau und Betrieb einer normalspurigen Pferde-Straßenbahn „amerikanischen Systems“ vom Hauptbahnhof – der damals Westbahnhof hieß – nach Urfahr angesucht hatte.
Vertrag bis 1930 – oder?
Optimistisch wurde der Vertrag auf 50 Jahre abgeschlossen und am 11. Mai 1880 mit der Gleislegung begonnen. Die schlussendlich festgelegte Streckenführung durch die Innenstadt ist nicht nur dieselbe wie heute, sie wirkt sich auch auf die Spurweite der aktuellen Fahrzeuge aus. Denn durch einige Engstellen, allen voran die Schmidtorstraße, musste von der Normalspur auf 900 mm umgeplant werden, auf der die Linz AG Linien heute als internationaler Exot fahren.
1 PS für sieben Minuten
Am 1. Juli 1880 nahm die neue Straßenbahn auf einer ca. 2 km langen Strecke den Betrieb mit folgendem Verlauf auf: Urfahrer Hauptstraße-Rudolfsstraße-Donaubrücke-Hauptplatz-Schmidtorstraße-Taubenmarkt-Landstraße-Stelzhamerstraße/Goethestraße. Obwohl sich die Bevölkerung im Vorfeld teilweise skeptisch über den Nutzen der Tramway gezeigt hatte, geriet ihre Eröffnung zum großen Volksfest. Im August 1880 war auch die Etappe bis zum Bahnhof fertiggestellt. Für den Anfang waren 14 Personenwagen und hierzu 24 Pferde angeschafft worden. Die Sommerwagen hatten je 20 Sitzplätze, die Winterwagen je 16. Von einem zum anderen Ende der Strecke dauerte eine Fahrt – im 7 Minuten-Takt – 22 Minuten, wobei das Zugpferd dort jeweils umgespannt werden musste.
Linie Weiß statt Linie 3
Nach Eröffnung der Mühlkreisbahn 1888 war es naheliegend, die Tramway in Urfahr bis zum Mühlkreisbahnhof zu verlängern, es dauerte jedoch bis zum 14. April 1895, als die Verlängerungsstrecke Urfahrer Hauptstraße ab Rudolfstraße-Kaarstraße bis Mühlkreisbahnstraße in Betrieb genommen wurde. Damit waren quasi die Linien 1 und 3 geboren, die aber noch nicht so hießen, sondern farblich unterschieden wurden. Die zur Mühlkreisbahn fahrenden Wagen wurden durch weiße Scheiben, die nur bis Rudolfstraße fahrenden durch rote an den Stirnseiten der Plattformen gekennzeichnet. 1897 begann mit der „Elektrischen“ eine neue Ära. Nach also nur 17 statt 50 Jahren Dienst kehrten die Zugpferde ein letztes Mal in ihren Stall in der Urfahraner Remise zurück. Eine Fußgängerzone ist die Landstraße erst seit 26. November 1977. Die Bim war damit also 97 Jahre vorher da.
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