Linz-Geschichte(n)

Sissis Schwiegerpapa macht ein Museum möglich

Linz Legenden

21. Dezember 1955. Im Wiener Apollo-Kino wird der rote Teppich für die Premiere eines ganz besonderen Austro-Films ausgerollt: „Sissi“! Was das mit Linz zu tun hat? Mehr als man glaubt. Denn eine Film-Figur ist in unserer Stadt für immer verewigt.

Noch bevor – wie jedes Jahr zu Weihnachten – die legendäre „Sissi“-Trilogie über ORF2 flimmert, gibt es erstmals eine zweiteilige Dokumentation über ihre Entstehung zu sehen. Kein Wunder: 70 Jahre „Sissi“ müssen gebührend gefeiert werden! Dabei wird vermutlich auch beleuchtet, wie wenig die zuckersüße Habsburger-Verherrlichung mit der historischen Wahrheit zu tun hat. Und wie viel mehr mit dem Österreich der unmittelbaren Nachkriegszeit. Bemerkenswerterweise sprach sich sogar die damals noch im Parlament vertretene KPÖ für die Unterstützung der Dreharbeiten durch die Republik aus. Auch den Kommunisten war ein geschönt monarchistisches Österreich-Image lieber als irgendein deutsches.

Der Thronfolger, der nie auf dem Thron saß

Dass die Stars der Film-Reihe Romy Schneider (bei Drehbeginn 16 Jahre alt!) und Karlheinz Böhm hießen, ist bekannt. Weniger in Erinnerung ist der Name des Josefstadttheater-Schauspielers Erich Nikowitz (1906-1976) – dafür aber seine Figur. In der klassischen Komödien-Rolle des schrulligen Alten verkörperte Nikowitz Erzherzog Franz Karl von Österreich (1802-1878), den Vater von Kaiser Franz Joseph I. Seine Szenen, in denen er dumm-listig vorgibt, schwerhörig zu sein und von seiner strengen Gattin Erzherzogin Sophie herumkommandiert wird, bringen seit 70 Jahren das Publikum zum Lachen. Diese Darstellung als liebenswerter Trottel kommt nicht von ungefähr. Erzherzog Franz Karl war allerdings ein eher trauriges als lustiges Ergebnis der habsburgischen Heiratspolitik. Das heißt im Klartext: Inzucht. Als dritter Sohn von Kaiser Franz I., der fatalerweise mit einer Cousine ersten Grades verheiratet war, hatte er unter denselben geistigen Defiziten wie sein älterer Bruder Kaiser Ferdinand I.  – respektvoll „Ferdinand, der Gütige“, spöttisch „Gütinand, der Fertige“ genannt – zu leiden. Und wie dieser war er de facto nicht regierungsfähig, So beschloss die Dynastie, die sich im Revolutionsjahr 1848 damit konfrontiert sah, womöglich alles zu verlieren, dass Ferdinand abdanken und auch nicht Franz Karl auf den Thron folgen sollte, obwohl er der nächste Anwärter war. Und so wurde trotz seiner damals erst 18 Jahre dessen Sohn Franz Joseph Kaiser.

Ohne Bad Ischl hätte es das nicht gegeben

Aber wie kann dieser merkwürdige und nur durch einen Komödianten im Bewusstsein gehaltene Habsburger in Linz verewigt sein? Dazu muss man wissen, dass das 1811 als Landesmuseum der Steiermark gegründete „Johanneum“ nach Erzherzog Johann heißt, einem Onkel von Erzherzog Franz Karl. Denn genau dieses diente als Vorbild für den 1833 ins Leben gerufenen „Verein des vaterländischen Museums für Österreich ob der Enns mit Inbegriff des Herzogthums Salzburg“. Der Name war Programm, auch wenn man sich von den Salzburgern bald verabschieden musste, da diese ihr eigenes Landesmuseum haben wollten. Als Schirmherrn stellte sich der Verein eine ebenso hochgestellte wie großzügige Persönlichkeit vor – und Oberösterreich-Bezug sollte diese natürlich auch haben. Diesbezüglich fündig wurde man 1839 in Erzherzog Franz Karl! Hochgestellt war er ja, und als großzügig hatte er sich auch in Oberösterreich erwiesen, indem er bei Jagd-Aufenthalten in Bad Ischl ganze Vorstellungen des Stadttheaters für sich und seine Entourage aufgekauft hatte, damit dieses nicht in Konkurs ging. Ohne es zu wissen, wurde also der Schauplatz von „Sissi“ Teil 1 vorausgeahnt, bevor sich dieser 1955 in opulenter Agfacolor-Farbenpracht entfalten konnte.

Francisco Carolinum? Na bravo!

Der erste Standort des OÖ Landesmuseums, das als Universalmuseum eine geschichtliche und topographische, eine kunsthistorische, eine naturhistorische und eine technologische Sammlung beinhaltete, war im sogenannten „Ständischen Expeditorhaus“ an der Promenade. Erzherzog Franz Karl starb 1878 und erlebte es darum nicht mehr, als 1895 sein Sohn Kaiser Franz Joseph I. einen Neubau feierlich eröffnete, der in Erinnerung der Schirmherrschaft seines Vaters den Namen „Francisco Carolinum“ erhielt. Das Gebäude, in dem zuletzt nur mehr die von Adalbert Stifter begonnene kunsthistorische Sammlung, also die OÖ Landesgalerie und der Verwaltungssitz der OÖ Landesmuseen untergebracht war, wurde durch die jüngste Reform im Frühjahr 2020 zu einem Museum für Fotografie und Medienkunst umgestaltet. Vom Baustil dem Historismus zuzuordnen, ist es jedoch vor allem durch seinen plastischen Fries so speziell, dass es als einzigartig bezeichnet werden kann.

Wie sagt Erzherzog Franz Karl alias Erich Nikowitz in den „Sissi“-Filmen immer? „Na bravo!“

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