
Ende Oktober 1812. Eine Postkutsche macht sich von Wien nach Linz auf. In ihr sitzt wutschnaubend ein Fahrgast, der wild entschlossen ist, eine Hochzeit zu verhindern. Es ist die Hochzeit seines eigenes Bruders – Nikolaus Johann van Beethoven.
Der Mann ist bereit, dafür sogar bei Landeshauptmann und Bischof zu intervenieren. Werden ihn diese überhaupt empfangen? Mit Sicherheit. Denn es ist Ludwig van Beethoven (1770-1827) höchstselbst. Was erregt den berühmten Komponisten so? Sein jüngerer Bruder Johann – Besitzer der Wasser-Apotheke am Linzer Hauptplatz – will seine Haushältern Theresa Obermayr ehelichen. Als wenn das nicht schockierend genug wäre – Therese hat auch noch ein lediges Kind, ein Mädchen namens Amalia. „Unsichtbar schwebe ich um Dich, damit die Kanaille Dir nicht den Hals umdreht“, hatte Ludwig seinem Bruder geschrieben und ihn vor der „ganzen Zunft der schlechten Weiber“ gewarnt.
Keine Ode an die Schwägerin
Ausgerechnet er, der in Sachen Beziehungen über das Liebesklagen an eine bis heute unbekannte „unsterbliche Geliebte“ nie hinauskam, sollte nicht nur diese Schwägerin abgrundtief hassen sondern auch noch seine andere, Frau seines zweiten Bruders Kaspar Anton Karl van Beethoven. Da die Eltern früh gestorben waren und Ludwig schon als Jugendlicher in eine Vaterersatz-Rolle gedrängt worden war, meinte er zeit seines Lebens seine „kleinen“ Brüder vor „Hexen“ beschützen zu müssen – und übertrieb dabei mitunter maßlos. Wie eben im Oktober 1812. Der einzige Besuch Ludwig van Beethovens in Linz blieb jedoch trotz versuchter Einschaltung der Obrigkeit erfolglos und Johann heiratete Therese am 8. November 1812. Zumindest musikalisch brachte die Reise aber doch etwas Wichtiges. Beethoven vollendete dabei seine achte Sinfonie.
Gar nicht nett, der Onkel Ludwig
Damit wurde auch die Tochter der nunmehrigen Therese van Beethoven ein Teil der Familie. Sehr zum Missvergnügen von Onkel Ludwig, der seine Nichte als „Bastard“ und „Bankert“ titulierte. Da Stiefvater Johann in nur knapp zehn Jahren außerordentlichen geschäftlichen Erfolg mit seinen Apotheken – er gründete auch die erste Apotheke in Urfahr – gehabt hatte, wurde die einst arm und außerehelich geborene Amalia eine reiche Erbin – und das sollte sich noch auswirken. Am 11. Februar 1830 heiratete sie den aus dem Böhmerwald stammenden Forstbeamten Carl Anton Stölzle (1802-1865), starb aber tragischerweise nur ein Jahr später, wahrscheinlich an den Folgen von Komplikationen der Geburt ihres ersten Kindes. Ihr verbliebener Witwer Carl, nun seinerseits Erbe der beträchtlichen Mitgift, pachtete 1835 mit diesem Geld zwei Glashütten und legte damit den Grundstein für ein Unternehmen, das heute die Stoelzle Glasgruppe mit Hauptquartier in Köflach ist. Es beschäftigt über 3.000 Mitarbeiter*innen an Produktionsstandorten in sieben Ländern.
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