Das Gemeindehaus, das keine Gemeinde (mehr) hat
Es ist für Linzerinnen und Linzer wie Touristen verwirrend genug, dass Linz zwei Rathäuser hat. Das sind aber nur diejenigen, die auch als solche in Funktion sind. Dann gibt es aber auch noch Rat- und Gemeindehäuser von ehemalig selbstständigen Umlandgemeinden, die heute Linzer Stadtteile sind.
Wie etwa das Rathaus der früheren Stadt Urfahr, das Gemeindehaus der früheren Marktgemeinde Ebelsberg und das Schul- und Gemeindehaus der früheren Gemeinde Kleinmünchen. Letzteres hat die Adresse Dauphinestraße 56, wurde um 1870 errichtet und in der Folge mehrfach umgebaut und erweitert. Die Funktion als Verwaltungszentrale seiner Gemeinde hat es nun seit 101 Jahren nicht mehr.
Außergewöhnlich: Freiwillige Eingemeindung
Als voriges Jahr 100 Jahre Kleinmünchen bei Linz gefeiert wurde, wurde erst vielen Linzer*innen bewusst, dass die Eingemeindung von Kleinmünchen 1923 erfolgte und auch recht außergewöhnlich war. Erfolgte sie doch nicht aus der Not heraus wie Urfahr 1919 und auch nicht unter Zwang wie Ebelsberg 1938, sondern freiwillig.
Es war mit dem letzten Bürgermeister von Kleinmünchen, Karl Steiger (1873-1937), ein Sozialdemokrat, der seine Zuständigkeiten an seinen Linzer Amtskollegen und ebenfalls Sozialdemokraten, Josef Dametz (1868-1927) am 16. Juni 1923 in eben diesem Kleinmünchner Gemeindehaus übergab. Nach beiden Bürgermeistern sind heute bekanntlich Straßen benannt. Ironischerweise fuhr Dametz jedoch per Straßenbahn nach Kleinmünchen und ging ab der Wiener Straße das letzte Stück zu Fuß.