Linz-Geschichte(n)

Anton Bruckner wird zum Tod aller Orgelspieler

Linz Legenden

13. November 1855. Nach dem Tod des Linzer Domorganisten soll sein Nachfolger gefunden werden – durch ein öffentliches Orgelvorspiel. Unangemeldet greift auch der junge Lehrer Anton Bruckner in die Tasten – und zerstört seine Mitbewerber.

Am Morgen dieses Tages kann der Orgel- und Klavierstimmer Alfred Just aus Linz seinen Augen nicht trauen, als er in St. Florian den dortigen Stiftsorganisten Anton Bruckner (1824-1896) antrifft. Im ganzen Land ist der damals 31-Jährige als bester Orgelspieler bekannt, sein Antreten mit klarem Sieg beim Wettstreit ist für Just eine ausgemachte Sache. Doch Bruckner hat sich gar nicht angemeldet! Aus Angst, noch mal zu scheitern wie bei einer früheren Bewerbung in Olmütz. Alfred Just muss dem am sich selbst zweifelnden Genie „dringlich“ zureden, bis der dann doch den nächsten Wagen nach Linz nimmt.

„Tonerl, du musst, du musst!“

Dort angekommen spricht er bei Prüfungsleiter Johann Dürrnberger (1800-1880) vor. Auch dieser ist überrascht, dass Bruckner nicht schon lange auf dem korrekten, schriftlichen Weg um Teilnahme am Vorspiel angesucht hat. Als sein ehemaliger Orgellehrer weiß er um die außerordentliche Begabung seines ehemaligen Schülers genau Bescheid und lässt den noch immer zaudernden Bruckner auch nicht mehr los, um ihn schließlich eigenhändig in die Ignatiuskirche zu schleppen. Heute kennen wir diese Kirche als Alten Dom. Da der Neue aber noch nicht gebaut ist, fungiert diese ursprüngliche Jesuiten-Kirche als Kathedrale der Diözese Linz. Mit den Worten „Tonerl, du musst, du musst!“ zwingt Dürrnberger Bruckner auf die Orgelbank.

„Du bist der Tod aller!“

Und dann passiert es. Kaum hat er die Finger auf den Tasten, weicht jede Befangenheit von ihm. In Formvollendung meistert Bruckner das ihm gestellte Thema und gestaltet es in kunstvollster Weise – im Gegensatz zu seinen Mitbewerbern. Als die Orgel verstummt, reicht ihm sein schärfster Rivale in tiefer Ergriffenheit  die Hand und sagt: „Du bist der Tod aller!“. 25 Tage später wird Anton Bruckner zum Organisten der Ignatiuskirche und der Stadtpfarrkirche ernannt. Es wird noch 13 Jahre – seine gesamte Zeit in Linz – dauern, bis seine erste Sinfonie uraufgeführt wird. Aber der Grundstein für eine Karriere als professioneller Musiker auf höchstem Niveau ist gelegt.

„Lebe wohl“

Bruckner hat die Orgel in der Stadtpfarrkirche übrigens gehasst, während er die im Alten Dom geliebt hat. Bis heute ist darauf die in Bleistift gekritzelte Inschrift „Lebe wohl “ zu lesen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass es Bruckner selbst war, der so vor seinem Gang nach Wien und dem Durchbruch als Komponisten von seinem Lieblingsinstrument Abschied nahm.

Liebe Leserinnen, liebe Leser!

Wenn du relevante Informationen zu diesem Artikel hast, schick sie uns doch per Mail!

Weitere Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"