Schulsozialarbeit im Zeichen von Coronakrise, Lockdown und Homeschooling
Mehr als 800 Schülerinnen und Schüler in Betreuung
Soziale Probleme haben sowohl auf die Lernbereitschaft als auch die weiteren Berufs- und Lebenschancen jedes Einzelnen massive Auswirkungen. Um diese zu bewältigen und die Kinder und Jugendlichen in ihrem Heranwachsen zu unterstützen, wurde Sozialarbeit an Schulen als präventiver sozialer Dienst etabliert.
An Linzer Pflichtschulen mit gesamt etwa 11.300 Schülerinnen und Schüler wird Schulsozialarbeit im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe angeboten. Die SozialarbeiterInnen der Abteilung Jugendgesundheit und Schulsozialarbeit aus dem Geschäftsbereich Soziales, Jugend und Familie stehen als AnsprechpartnerInnen für SchülerInnen, Eltern und LehrerInnen vor Ort bereit.
Seit über einem Jahr sind Schülerinnen und Schülern, Eltern sowie Pädagoginnen und Pädagogen gleichermaßen gefordert. Die Schulsozialarbeit hat sich während der Corona-Pandemie als wichtiges Hilfsmittel herauskristallisiert, um Problemstellungen und Schwierigkeiten im schulischen Umfeld rechtzeitig angehen zu können.
„Unser erklärtes Ziel städtischer Schulsozialarbeit ist es, Problemsituationen möglichst früh zu erkennen und individuelle Lösungen zu finden. Gemeinsam mit den Kooperationspartnern und Kooperationspartnerinnen in den Schulen gelingt es, Mädchen und Buben bestmöglich in ihrer Entwicklung zu begleiten.“
Sozialreferentin Vizebürgermeisterin Karin Hörzing
Coronakrise, Lockdown, Kontaktbeschränkungen, Homeschooling und Distance learning – es ist eine äußerst herausfordernde Zeit für SchülerInnen, Eltern und PädagogInnen gleichermaßen. Schulsozialarbeit ist dabei ein wichtiger Baustein, um Problemstellungen und Schwierigkeiten im schulischen Umfeld rechtzeitig zu bearbeiten. Der soziale Dienst dient der Prävention von Krisen und tritt für den Schutz der Minderjährigen ein. Die städtische Schulsozialarbeit (SuSA) klärt bei Kindern und Jugendlichen im schulischen Zusammenhang auftretende Probleme ab, berät und betreut SchülerInnen und deren Familien.
„Die bedeutende Funktion der Schulsozialarbeit als präventiver sozialer Dienst hat sich auch während und nach der Lockdowns gezeigt. In dieser Zeit war die Nachfrage unserer Beratungsangebote sehr hoch. Der enorme Fallanstieg ist eindeutig auf die Corona-Krise zurückzuführen. Mir ist dabei besonders wichtig, dass jedes Anliegen bearbeitet wird und kein Kind verloren geht. In vielen Fällen ist es der Schulsozialarbeit gelungen, vor allem jene SchülerInnen und deren Eltern zu erreichen, bei denen der Kontakt zum Schulsystem während der Lockdowns abgebrochen ist. Dies ist sicherlich den guten Netzwerken der SchulsozialarbeiterInnen zu verdanken“, betont Vizebürgermeisterin Sozialreferentin Karin Hörzing.
Mehr als 800 Schülerinnen und Schüler betreut
An Linzer Pflichtschulen mit gesamt etwa 11.300 Schülerinnen und Schüler wird Schulsozialarbeit im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe angeboten. Die SozialarbeiterInnen und SchulärztInnen aus der Abteilung Jugendgesundheit und Schulsozialarbeit im Geschäftsbereich Soziales, Jugend und Familie bilden ein gut kooperierendes und fachlich kompetentes ExpertInnenteam am Standort Schule. Sie stehen Familien und Schulen – je nach Bedarf persönlich oder telefonisch – aktiv zur Seite.
Im vergangenen Schuljahr 2019/20 wurden insgesamt 806 SchülerInnen von der Schulsozialarbeit in den Linzer Pflichtschulen betreut. Konkret sind das 52 Fälle mehr als im Vorjahr. Über 50 Prozent der betreuten Kinder sind im Volksschulalter, gefolgt von Hauptschule (37 Prozent), Sonderschule (8,3 Prozent) und Polytechnischer Schule (3,2 Prozent). Die Kontaktaufnahme erfolgte in mehr als 70 Prozent der Fälle durch die PädagogInnen bzw. durch die Schulleitung, gefolgt von BetreuungslehrerInnen (11,5 Prozent) sowie den Eltern (6,9 Prozent) oder SchülerInnen (1,5 Prozent) selbst.
In 42,8 Prozent der Fälle dauerte die Betreuung weniger als zwei Monate. Um 43,2 Prozent der Schülerinnen und Schüler nahmen sich die SozialarbeiterInnen länger an. 14 Prozent wurden über sechs Monate hinaus betreut. In 5,6 Prozent der Fälle reichte das Schulsozialarbeit-Angebot für die betreuten SchülerInnen nicht aus. Für sie wurden unterstützende Erziehungshilfen in die Wege geleitet. Auch dieses Schuljahr ist die Schulsozialarbeit sehr gefordert. Die Fachabteilung rechnet mit ähnlich hohen Fallzahlen.
Coronakrise als familiäre Herausforderung
Die vergangenen 14 Monate haben Familien enorm geprägt. Für viele Eltern war es eine große Herausforderung, neben der Erziehung und Freizeitgestaltung auch das Home-Schooling sicherzustellen und das oft auf kleinstem Raum. „Vor allem der Lockdown stellte viele Familien vor unvorhergesehene Hürden. Die SchulsozialarbeiterInnen haben deshalb direkt aus dem Homeoffice die Eltern, Kinder und Jugendlichen bestmöglich unterstützt. Die Eltern waren dankbar, dass sie Rat bekommen haben, aber vor allem, dass ihnen in fordernden Zeiten ausreichend Gehör geschenkt wird“, informiert Vizebürgermeisterin Karin Hörzing.
Gerade in der Zeit des Lockdowns haben die SuSA-MitarbeiterInnen versucht, mit den Eltern die Tage zu strukturieren sowie Ideen für ein gutes Miteinander in den Familien eingebracht. Zahlreiche Entlastungsgespräche wurden geführt und der Fokus auf die positiven Aspekte dieser intensiven Zeit des Miteinanders in den Familien gelenkt. Die große Verunsicherung hat dazu geführt, dass manche die Wohnung nur für die notwendigsten Angelegenheiten verlassen haben. „Es hat sich gezeigt, dass die Zusammenarbeit der Schulsozialarbeit mit dem Bildungssystem in Linz krisenfest ist und auch außergewöhnliche Herausforderungen mit Geduld, Umsicht und gegenseitiger Wertschätzung meistert“, führt Hörzing weiter aus.
Lernschwierigkeiten und Erziehungsüberforderung
Die Problemstellungen mit denen SuSA konfrontiert wird, reichen von Erziehungsüberforderung der Eltern, Verhaltensauffälligkeiten der SchülerInnen, ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen, kulturellen und sprachlichen Integrationsproblemen, gesundheitlichen Problemen, familiären Konflikten und Krisen über Lernschwierigkeiten und Schulverweigerung bis hin zu Gewalt, Suchtmittelmissbrauch und Straffälligkeit.
Die Hauptproblemfelder der SchülerInnen liegen nach wie vor in Lernschwierigkeiten (47 Prozent), Erziehungsüberforderung (46 Prozent) sowie Verhaltensauffälligkeiten (35 Prozent). Weiters war die SuSA heuer am häufigsten mit Schulverweigerern (23 Prozent) sowie mit Eltern, die die Kooperation mit der Schule verweigern (19 Prozent) befasst.
Lösungsorientiert ins nächste Schuljahr
Derzeit vermittelt die Schulsozialarbeit die Kinder zu den zahlreichen Ferienangeboten, um ihnen und ihren Familien im Sommer etwas Entspannung zu ermöglichen.
Auch das Schuljahr 2021/22 wird Herausforderungen mit sich bringen, die die Schulsozialarbeit mit Erfahrung, Zuversicht und Engagement meistern will.
„Ob mit oder ohne Pandemie: Die SuSA bleibt ein wichtiger Baustein im sozialen Bildungsgefüge sowie ein stabiler Ansprechpartner, der lösungsorientiert zur Entwicklung der Kinder beiträgt“, bekräftigt Sozialreferentin Hörzing.
Auf das Tätigkeitsfeld der präventiven, begleitenden und aufsuchenden Sozialarbeit sowie Krisenintervention wird verstärkt der Fokus gelegt. Gleichzeitig sind die SuSA-MitarbeiterInnen gut mit internen und externen Hilfsangeboten vernetzt.
Linz in der Vorreiterrolle
In der Landeshauptstadt wird die Schulsozialarbeit bereits seit den 90er Jahren eingesetzt. Sie hat sich mit dem schulärztlichen Dienst entwickelt und bietet in Kooperation mit dem System Schule sehr gute soziale und auch gesundheitliche Beratungsangebote im präventiven Bereich. Hervorzuheben ist die fachliche Qualität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die durch die Jahrzehnte dauernde Praxis und kontinuierliche Fortbildung und Supervision erreicht wurde. Hinzu kommt, dass die Schulsozialarbeit und der schulärztliche Dienst in einer Abteilung tätig sind. Durch die damit mögliche enge Kooperation wird nicht nur eine hohe fachliche Kompetenz, sondern ein vernetztes Zusammenarbeiten zur bestmöglichen Entwicklung der Kinder und Jugendlichen ermöglicht.
„Schulsozialarbeit wird von Eltern, PädagogInnen und SchülerInnen gerne in Anspruch genommen. Ich bedanke mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre Tätigkeit und ihr herausragendes Engagement für die Linzer Kinder und Familien“, sagt Vizebürgermeisterin Hörzing abschließend.
Beispiel eines Falles in der schwierigen Zeit der Pandemie
Die Schülerin M. hat schon vor der Pandemie die Schule unregelmäßig besucht. Im Lockdown ist der Kontakt zur Schülerin und zu den Eltern abgebrochen. Die Schule wendet sich an den Schulsozialarbeiter. Nachdem schriftliche und telefonische Versuche ergebnislos waren, wurde der Sozialarbeiter bei der Familie vorstellig. Durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie waren die Eltern sehr verunsichert und ihre finanzielle Situation hat sich durch den Verlust ihrer Arbeit verschlechtert. Die Unterstützung der Tochter beim Lernen war ihnen nicht möglich. Beim Gespräch konnte geklärt werden, dass die Schule eine Betreuung zur Förderung anbietet. Auch eine Unterstützung bei Behördengängen wurde von den Eltern angenommen.
Die Schülerin geht seit dem Gespräch wieder regelmäßig in die Schule und kann die Klasse positiv abschließen. Das Familiensystem hat sich stabilisiert. Die Eltern haben nach wie vor Kontakt zum Schulsozialarbeiter und auch die Kooperation mit der Lehrerin ist mittlerweile sehr offen und gut.