Bildung & Kultur

Ars Electronica 2020 auf der JKU und weltweit

"In Kepler's Gardens" bittet von 9. bis 12. September zu einer Reise zur Vermessung der "neuen" Welt

Von 9. bis 13. September findet die Ars Electronica 2020 statt. Natürlich in Linz. Aber nicht nur da.
„Die Corona-Krise macht eine Linzer Festivalmeile mit 100.000 Besucherinnen und Besucher aus aller Welt unmöglich“, so Gerfried Stocker, Künstlerischer Leiter der Ars Electronica. „Für uns als Festivalmacher kann das nur heißen, neue Wege zu finden, wie wir gerade jetzt, mitten in dieser Krise, in und mit einer breiten Öffentlichkeit Fragen unserer Zukunft bearbeiten können. Wir werden daher im Herbst erstmals zu einer Ars Electronica laden, die nicht nur in Linz, sondern an weiteren 120 Orten weltweit und parallel dazu auch im Netz stattfindet.“ Die Entscheidung, auch in diesem Jahr ein Festival zu veranstalten, soll Signalwirkung haben.
„Wir wollen und können nicht akzeptieren, dass uns diese Pandemie nötigt, all das, was unsere pluralistische Gesellschaft ausmacht, einfach auszusetzen. Gerade weil wir uns mitten in dieser Krise befinden und gerade weil all die Abstandsregeln und Hygienemaßnahmen sinnvoll und notwendig sind, dürfen wir nicht einfach zuhause bleiben, sondern müssen aktiv und kreativ darangehen, neue Formen des Dialogs und Austausches zu erproben.“
Gerfried Stocker, Künstlerischer Leiter Ars Electronica

2020 findet die Ars Electronica nicht trotz, sondern wegen Corona statt

Die Ars Electronica 2020 ist eine Reise zur Vermessung der ‚neuen‘ Welt und eine Reise durch „Kepler‘s Gardens“, die sich in Linz am JKU Campus und an 120 weiteren Orten weltweit befinden. Im Verlauf dieser Reise werden die wichtigen Fragen unsere Zeit diskutiert, Fragen, die durch die globale Corona-Krise aufgeworfen werden, und es wird beraten, was wir jetzt tun können und tun müssen. Alle dabei berührten Themen sind geprägt von einer allgemeinen UNCERTAINTY und der Frage danach, wie die Krise uns Menschen als Individuen und als Gesellschaft, uns als HUMANITY, prägen und verändern wird. Vor allem zwei Spannungsverhältnisse stehen dabei im Fokus: AUTONOMY und DEMOCRACY sowie TECHNOLOGY und ECOLOGY. Kaum ein Satz wurde in den vergangenen Monaten so oft verwendet, wie der, dass die Welt nach dieser Krise eine andere sein werde – prophetisch, oft als Hoffnungsschimmer, öfter noch als Drohung in den Raum gestellt. Stimmt das und wenn ja, welche Veränderungen werden es sein? Diese Frage steht im Mittelpunkt der diesjährigen Ars Electronica.

Von der „Postcity“ in „Kepler’s Gardens“

Nach dem fulminanten 40-Jahre-Festival des vergangenen Jahres, das mehr Künstler*innen, Aussteller*innen und internationales Fachpublikum nach Linz brachte als je zuvor, geht Ars Electronica heuer auf die Reise, bzw. wird das Festival selbst zur Reise – eine Reise durch „Kepler‘s Gardens“. Eine Reise durch die vernetzten Biotope und Ökosysteme, in denen weltweit an der Entwicklung und Gestaltung unserer Zukunft gearbeitet wird und das heißt in diesen Tagen, vor allem an der Rettung unserer Zukunft zu arbeiten. Eine Reise zu und mit vielen engagierten Communities, die bereits begonnen haben, nicht nur über die aktuellen Probleme nachzudenken, sondern bereits an konkreten Ideen, Aktionen und Lösungen arbeiten. Orte, Initiativen und Institutionen, an denen Künstler*innen und Wissenschaftler*innen zusammenarbeiten, die Gesellschaft herausfordern und neue Allianzen und Formen der Kooperation erproben.„Kepler’s Gardens“ steht also nicht nur als Bezeichnung für den neuen Austragungsort des Festivals in Linz, das von der POSTCITY in die KEPLER GARDENS am bestens ausgestatteten Campus der JKU übersiedelt und dessen schöne und weitläufige Parkanlagen in ein außergewöhnliches Festivalgelände verwandeln wird. „Kepler’s Gardens“ ist auch die Metapher für das Organisationsprinzip des Festivals im globalen Lockdown: ein Festival, das nicht ins Netzwerk abtauchen und dort verschwinden wird, sondern aus dem Netzwerk heraus auftauchen und sich an vielen Orten weltweit verteilt und vernetzt manifestieren wird. An vielen Orten – ausgehend von Linz – mit Partner*innen aus dem außergewöhnlich großen, über 40 Jahre hinweg gewachsenen, internationalen Netzwerk der Ars Electronica werden reale Events für reales Publikum, mit realen Künstler*nnen und Wissenschaftler*innen stattfinden, die sich von 9. bis 13. September zu einem Festival vernetzen. Mit dieser Gleichzeitigkeit und Dualität von lokal-physischem und global-vernetztem Geschehen wird die Ars Electronica ein weiteres Mal auch zu einem spannenden Versuchslabor und Prototypen für eine Next-Level-Vernetztheit, in der es ja vor allem um neue Formen und Möglichkeiten der Fusion und Koexistenz von analog und digital, von real und virtuell, von physischer und telematischer Nähe gehen wird.

Mehr willkommener Platz für mehr nötigen Abstand

Nicht zuletzt ist „Kepler’s Gardens“ auch ein klares Bekenntnis zur Wissenschaft und einer faktenbasierten und verantwortungsbereiten Art miteinander umzugehen, ein Statement für Wissenschaft und Kunst, nicht bloß als Treibstoff für die Wirtschaft, sondern als die Basis für Kultur und Zivilisation. Nichts scheint im Moment wichtiger, als die Oasen zu vernetzen und den intensiven intellektuellen, künstlerischen, menschlichen Kontakt, Austausch und Dialog aufrecht zu erhalten und uns gegen die Wüste zu stellen, die sich aus Angst, Abschottung, gesellschaftlicher Segregation, Entsolidarisierung und die in der aktuellen Krise so schmerzhaft sichtbaren sozialen und ökonomischen Diskriminierungen nährt und immer weiter ausbreitet. Das ist und war immer eine der zentralen Aufgaben von Kunst und Kultur, eine Aufgabe, die nur in Zusammenarbeit mit Wissenschaft, Technologie und Gesellschaft zu schaffen ist.

Die weitläufigen Parkanlagen und großen, neuen Gebäude am JKU-Campus kommen Ars Electronica in diesem Jahr ganz besonders zugute. Sie bieten bestmögliche Voraussetzung, die notwendige „Physical Distance“ zwischen den Besucher*innen zu gewährleisten. In thematisch ausgerichteten Arealen können sich die Besucher*innen in sicherem Abstand voneinander niederlassen und sich das Festivalprogramm hier gewissermaßen servieren lassen. Auf insgesamt drei Bühnen wird Programm geboten, das Vorträge und Präsentationen, Performances und Konzerte umfassen wird. In den rund um den Park gelegenen Uni-Gebäuden werden Konferenzen durchgeführt und Ausstellungen gezeigt, die dieses Jahr ausschließlich im Rahmen geführter Rundgänge besucht werden können. Ein Fixpunkt des diesjährigen Festivals wird wieder „create your world“ sein. Inmitten des Linzer „Kepler’s Garden“ in Szene gesetzt, wird sich ein weitläufiges Areal als inspirierende und natürlich coronataugliche Spielwiese für experimentierfreudige Kinder und Eltern präsentieren. Ebenfalls in „Kepler’s Garden“ am JKU-Campus wird das „AIxMusic Festival“ zu erleben sein. Das 2019 mit der Europäischen Kommission erstmals und mit großem Erfolg durchgeführte Format findet damit 2020 eine Fortsetzung, die sich ganz der Vernetzung jener unzähligen Zentren verschreibt, die an Anwendungen und Auswirkungen der KI-Forschung für den kulturellen Bereich arbeiten und somit eine wichtige Rolle der Kommunikation und des Dialogs zwischen Forschung und Gesellschaft übernehmen. Künstlerische Projekte und Performances steuert dabei auch die Anton Bruckner Privatuniversität für Musik, Schauspiel und Tanz bei. Eng verzahnen wird sich das „AIxMusic Festival“ diesmal mit dem STARTS-Programm und der Ausstellung der Preisträgerinnen des „STARTS-Prize’20“. Zweifelsohne ein Highlight des Festivals wird die „Große Konzertnacht“, die mehr denn je von der Experimentierfreudigkeit von Markus Poschner und dem Bruckner Orchester Linz geprägt sein wird. „Der Genius Loci Johannes Kepler hätte seine Freude gehabt. Das Festival wird zu einer ganz besonderen Harmonice Mundi, zu einer weltumspannenden Symbiose von Technologie, Kunst und Gesellschaft. Die Magier der Ars Electronica entfesseln eine Metamorphose. Die physischen und geistigen Gärten der Johannes Kepler Universität entwickeln sich zum Epizentrum eines wunderbaren globalen Netzwerks. Oasen eines kreativen und verantwortungsvollen Technologieverständnisses verbinden sich in Zeiten eines dramatischen Wandels“, so JKU-Rektor Meinhard Lukas.

Weitere Schauplätze im Stadtzentrum

Neben dem Festivalzentrum auf dem JKU-Campus wird das Festival aber auch im Linzer Stadtzentrum stattfinden. Im OK im OÖ Kulturquartier wird wie gewohnt die CyberArts-Schau gezeigt. Präsentiert wird eine Auswahl der besten Medienkunstwerke des Jahres 2020. Darüber hinaus wird es einen Schwerpunkt zu VALIE EXPORT geben. Im Rahmen des diesjährigen Prix Ars Electronica wurde die gebürtige Linzerin als „Visionary Pioneer of Feminist Media Art” mit einer Goldenen Nica geehrt, beim Festival wird ihr prägendes, künstlerisch-feministisches Lebenswerk nachgezeichnet: Im OK wird es eine „Special Lecture” im Rahmen des Prix Ars Electronica Forums geben, Crossing Europe wird ein eigenes Filmprogramm „Tribute VALIE EXPORT” zeigen und im Archiv des VALIE EXPORT Center in der Tabakfabrik werden Führungen und Lectures angeboten. Im Francisco Carolinum im OÖ Landesmuseum wird die Ausstellung „VALIE EXPORT. COLLECTION CARE“ zu sehen sein.Jung, unkonventionell und provozierend präsentiert sich in der Kunstuniversität das diesjährige „Campus“-Format. Unter dem Motto „THE WILD STATE“ arbeitet ein Team von rund 50 Lehrenden, Künstler*innen und Student*innen, intensiv an der Entwicklung unterschiedlicher Projekte und Ausstellungsformate. Neben der traditionellen Ausstellung der „Interface Cultures“ wird eine große Schau mit verschiedenen internationalen Partneruniversitäten am Programm stehen. Zudem wird es eine Fassadenprojektion am Hauptplatz, ein Symposium mit dem Titel „Unheimliche Freunde“, einen Internet-Flohmarkt sowie ein Diskussions- und Bring-Your-Own-Art-Format geben. Die US-Künstlerin Lynn Hershman Leeson, Gewinnerin einer Distinction des Prix Ars Electronica 2020 in der Kategorie „Interactive Art +“, steuert eine Keynote bei. „Das heurige Festival ist Herausforderung wie Chance gleichermaßen“, erklärt die Rektorin der Kunstuniversität, Brigitte Hütter. „In Zeiten der Pandemie muss einerseits vieles anders gedacht und darf andererseits noch viel mehr ausprobiert werden. Gerade jetzt gibt es, wie schon das Motto impliziert, keine Denkverbote.“Ebenfalls ein zentraler Festivalschauplatz wird selbstverständlich das Ars Electronica Center und hier vor allem der Deep Space sein. Wie im OK und in der Kunstuniversität werden auch hier täglich Führungen angeboten, die vorab gebucht werden müssen.Ars Electronica 2020 – eine Reise um die Welt Die Ars Electronica findet diesmal allerdings nicht nur Linz, sondern in 120 „Kepler’s Gardens“ rund um den Globus statt. Erstmals erprobt sich das Festival als ein digitales Reisebüro, das Besucher*innen aus aller Welt zu ebenso faszinierenden wie inspirierenden „Gärten zwischen Kunst, Technologie und Gesellschaft“ bringt. Destinationen gibt es in Hülle und Fülle; es gibt „Ars Electronica Gardens“ in Barcelona (Institut Ramon Llull, Hangar, UOC – ISEA Barcelona, NewArtFoundation – BEEP Collection, OFFF Barcelona, Espronceda), in Brüssel (BOZAR), in Tokyo (Japan Media Arts Festival), in Boston (MIT Media Lab), in Buenos Aires (National University of Tres de Febrero, Muntref Centro de Arte y Ciencia), in Seoul (K‘ARTS Korea National University of Arts), in Basel (HeK Haus der elektronischen Künste), in Athen (Onassis Stegi), im Silicon Valley (Open Austria), in Johannesburg (Fakugesi Festival), in Los Angeles (UCLA), in Auckland (University of Auckland), in Vilnius (Vilnius Academy of Arts) und in Amsterdam (Waag). An all diesen Orten widmen sich Künstler*innen, Wissenschaftler*innen, Entwickler*innen, Unternehmer*innen und Aktivist*innen zwischen 9. bis 13. September der Frage, wie die ‚neue‘ Welt nach – oder mit? – Corona aussehen soll.

Lokal und global – analog und virtuell

Ebenfalls ein zentraler Schauplatz der diesjährigen Ars Electronica ist das Netz. Das bedeutet, reale Events nicht bloß abzubilden oder zu übertragen, sondern virtuelle Events und Programme zu gestalten sowie Möglichkeiten des Austausches und der Interaktion zu schaffen, die den Gesetzmäßigkeiten des Internet, den Gewohnheiten und Vorlieben der hier versammelten Communities entsprechen. Die Festival-Website dient dabei als zentrales Verzeichnis aller lokalen und virtuellen Events, von dem aus sich die Tore und Fenster in die „Kepler’s Gardens“ rund um den Globus öffnen. Strukturiert nach Themen, Orten, Zeiten, Sprachen und Formaten ist hier das gesamte Programm der Ars Electronica abgebildet, werden täglich Streams – nicht nur aus Linz, sondern aus vielen anderen „Kepler’s Gardens“ zu sehen und zu kommentieren sein. Eng verzahnt wird diese Website mit einer Reihe von Social Media-Plattformen. Facebook, Instagram, Twitter und YouTube werden die soziale Dimension des Online-Festivals abbilden und schon vor, natürlich aber vor allem während des Festivals, tragende Säulen dieser Ars Electronica sein. News, Fotos, Videos und Streams werden hier gepostet, es wird über Keynotes, Prototypen, Kunstwerke und Forschungsprojekte berichtet und diskutiert. Ein eigener „Kepler’s Garden“ für sich werden zudem Mozilla Hubs, die eigens für das Festival gestaltet werden. Gemeinsam mit Partner*innen wird Ars Electronica eine Vielzahl dieser virtuellen, dreidimensionalen Räume eröffnen, die jede und jeder gemeinsam mit Gleichgesinnten erkunden kann.

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