Arbeit & Wirtschaft

Ein Stadtteil namens Franck

In einem neuen Buch wird die Geschichte des Namensgebers des Franckviertel beleuchtet

Wie die 150-jährige Erfolgsgeschichte einer Firma, dem Linzer Franckviertel seinen Namen gab, die Familie Franck einen firmeneigenen Kindergarten schon 1896 errichtete und die Stadt Linz aus Respekt vor den Leistungen der Familie nun das Grab von Carl Franck in seine Obhut übernimmt. Das gibt es alles nachzulesen in dem neuen Buch „Aecht Franck“.

Das Franckviertel beheimatet mit dem ORF OÖ, dem Design Center und der ehemaligen Nestlé – vormals Franck-Fabrik – sowie vielen unter Denkmalschutz stehenden Wohnhäusern spannende Bauwerke mit Geschichte. Die neue Publikation „Aecht Franck. Biographie einer Firma“ von Walter Schuster, Direktor des Archivs der Stadt Linz, handelt vom Aufstieg der 1828 im deutschen Württemberg gegründeten Firma Heinrich Franck zum internationalen Konzern „Heinrich Franck Söhne“ und nach der Fusion mit dem ehemaligen Konkurrenten zu „Franck und Kathreiner“.

Firmenniederlassung seit 1879 in Linz

Das Hauptprodukt des Familienbetriebes war lange Zeit Kaffeeersatz aus Zichorie. Die Firma prosperierte beinahe 150 Jahre lang und verhalf ihren Eigentümern zu großem Reichtum. Im Jahr 1879 entstand die Firmenniederlassung in Linz. Die sozial engagierten Führungskräfte und der herrschende „Franck-Geist“ sorgten für den unverwechselbaren Charakter der stadtbekannten Franck-Fabrik.

„Das vorliegende Buch füllt eine Lücke in der Linzer Stadtgeschichte. Die Firma Franck und auch mehrere Mitglieder der Familie Franck hatten eine enge Bindung zur Stadt Linz.“

Bürgermeister Klaus Luger

140 Jahre Linzer Innovationskraft

Die Geschichte des Wirtschaftsstandortes Linz war lange Zeit mit dem großen Familienbetrieb Franck untrennbar verbunden. Beinahe 140 Jahre zeugte die Linzer Firma vom Eifer und der Innovationskraft der Unternehmerfamilie Franck, deshalb übernimmt die Stadt Linz nun die Obhut über das Familiengrab der Francks am Barbarafriedhof.

Franck und Linz

1879 startete die Produktion von Franck in Linz in einer nie in Betrieb gegangenen Waggonfabrik an der heutigen Franckstraße. Im April 1881 wurde das Fabrikareal durch die gegenüberliegende Spodium-Fabrik erweitert. Im Frühjahr 1882 begann der Zichorienanbau in Oberösterreich und 1883 erwarb die Firma Franck die Linzer Bauernhöfe Hummelhof und Spallerhof für weitere Zichorienfelder.

1880 arbeiteten bereits 181 Beschäftigte für Franck

In Spitzenzeiten waren 600 Personen für das Franck-Unternehmen tätig, das damit zu den größten Industriebetrieben in Linz zählte. 1883 übernahm der jüngste Sohn des Firmengründers, Carl Franck, die Linzer Firma und leitete sie bis 1919.

1896 eröffnete firmeneigener Kindergarten

Von Beginn an war die Firmenpolitik durch viele freiwillige Sozialleistungen für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gekennzeichnet. Ein firmeneigener Kindergarten wurde bereits 1896 errichtet.

Franck forcierte firmeneigenen Wohnbau

Schon in den 1880er-Jahren begann die Firma Franck für ihre Bediensteten eigene Wohnhäuser zu errichten. Nördlich des Fabrikareals entstand ein eigenes Stadtviertel, das vor allem aus Franck-Gebäuden bestand. Die Keimzelle des Viertels bildete ein Grundstück an der Khevenhüllerstraße, wo im April 1887 ein Beamten-Wohnhaus entstehen sollte. Nach dem Ankauf von weiteren Grundstücken an der Khevenhüllerstraße konnten Gustav und Carl Franck noch im Sommer 1887 den Bau von Arbeiterwohnungen in Auftrag geben. Vor dem Ersten Weltkrieg entstanden mehrere Franck-Gebäude mit unterschiedlichen Wohnungstypen an der Khevenhüllerstraße, Goethestraße, Liststraße, Kinderspitalstraße und an der Wüstenrotstraße.

Franck während der NS-Diktatur

Noch im Jahr 1938 begann die Umstrukturierung der Franck und Kathreiner-Betriebe. Im Dezember 1939 mussten die österreichischen Firmen Heinrich Franck Söhne Linz und Kathreiner Wien ihr Vermögen in die jeweiligen deutschen Gesellschaften einbringen und wurden im Jänner 1940 aufgelöst. Die ehemaligen österreichischen Firmen wurden zu Zweigniederlassungen der Muttergesellschaften in Berlin. Der Geschäftsverkehr mit der Kundschaft in der „Ostmark“ wurde trotzdem von Linz aus geführt. Ebenso wurden die in Österreich vertriebenen Franck-Produkte weiterhin in Linz erzeugt.

Gerichtsverfahren zur Vermögensrettung

Um das österreichische Vermögen vor dem amerikanischen Zugriff zu schützen, stellte Franck und Kathreiner Linz im Jänner 1948 bei der Rückstellungskommission am Landesgericht Linz einen Antrag auf Rückgabe der entzogenen Anteile der österreichischen Aktionäre an der „Inga“ und an den österreichischen Unternehmungen Franck und Kathreiner. Prozessgegner war Franck und Kathreiner Ludwigsburg. In Wirklichkeit handelte es sich nicht um einen normalen Prozess, vielmehr wollte man die österreichische Gerichtsbarkeit dazu benutzen, die US-Militärregierung auszuspielen. Obwohl der zuständige Beamte der US-Besatzungsbehörde das abgesprochene Manöver durchschaute, gab die Rückstellungskommission dem Antrag der Linzer Firma im März 1949 voll und ganz Recht.

Franck und Kathreiner nach 1945 in Österreich

Nach dem Zweiten Weltkrieg stand die Firma und Kathreiner vor der Herausforderung, sich mit anderen großen international agierenden Nahrungsmittelkonzernen – die über eine breite Produktpalette verfügten – zu messen und neue Produktideen zu entwickeln.

Viele Veränderungen in der Zeit des Aufbruchs

In den 1960er-Jahren waren die neueren Instantprodukte „Inca“ und „Incarom“ sowie die relativ junge Bohnenkaffeemarke „Khavana“ zu „Mitläufermarken“ geworden und die „Ertragsmarken“ des Stammgeschäftes wie „Linde“, „Melanda“ und „Kathreiner“ hatten ihre beste Zeit hinter sich. Die neuen Marken wie „Doro Bohnenkaffee“, „Caro“ und „Thomy Mayonnaise“ erwiesen sich nicht als so erfolgreich wie erhofft. Mit 1. Jänner 1967 wurden die bis dahin getrennt arbeitenden Vertriebsorganisationen von Franck und Titze zusammengelegt und Franck und Kathreiner übernahm auch den Verkauf des gesamten Titze-Sortiments.

Die Übernahme durch Nestlé

Trotz vieler Erfolge und positiver Ertragslage fehlte es dem Firmenkomplex Franck und Kathreiner an langfristigen Zukunftsstrategien. An diesem Beispiel werden die grundlegenden Entwicklungen dieses Industriezweigs, aber auch die Änderungen der Ernährungs- und Einkaufsgewohnheiten in den Industrieländern deutlich, die dazu führten, dass die reine Kaffeemittelbranche keine wesentliche Rolle mehr spielte. Im Vergleich mit dem großen Mitbewerber Nestlé und seiner Produktvielfalt konnte sich die Firma nicht dauerhaft behaupten und wurde schließlich im Jahr 1971 sukzessive von Nestlé übernommen. Die Fusion zwischen Nestlé und Franck & Kathreiner in Österreich erfolgte mit dem Verschmelzungsvertrag vom 22. Juni 1973. Zu diesem Zeitpunkt waren keine männlichen Träger des Namens Franck mehr vorhanden, die Visionen und Strategien für eine erfolgreiche Weiterführung der Firma hätten entwickeln können.

 

 

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