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Lernwochen im Sommer bieten Weg aus der Bildungskrise an

Sommercamps für Kinder der Neuen Mittelschulen und Volksschulen, um Versäumtes aufzuholen sollen kommen

Bürgermeister Klaus Luger möchte Sommercamps einführen, um sozial benachteiligten Kindern das Aufholen des Lernstoffes zu ermöglichen. Da die Corona-Krise Ungleichheit verschärfe, sollen engagierte LinzerInnen lernschwächeren Kindern im Sommer helfen. Pädagogin Anna Weghuber aus der Otto-Glöckel-Schule bestätigt, dass realistisch gesehen leider derzeit manche Kinder in den Pflichtschulen den Anschluss verlieren und Sommercamps Abhilfe schaffen können.

Durch die derzeitige Struktur des Home-Schooling werden manche Kinder überdurchschnittlich benachteiligt. Handy und Internet hat jeder, verschiedene Programme und Tools in der Praxis zu nutzen, ist dennoch für viele Kinder und Eltern extrem schwierig. Vor einigen Tagen kündigte daher Bildungsminister Heinz Faßmann an, für Schülerinnen und Schüler, die während des regulären Schuljahres und durch die Corona-bedingte Schulsituation den Anschluss verloren haben, im Sommer eigene Förderstrukturen zu schaffen.

Aus meiner Sicht scheitert es weniger an schlechten oder zu wenigen Computern oder Notebooks, als vielmehr am gekonnten Umgang damit. Aus diesem Grund wird es wenig Sinn ergeben, Schülerinnen und Schüler einfach ein Notebook ohne Einschulung zur Verfügung zu stellen. Ich begrüße daher den Vorstoß von Bundesminister Faßmann, Strukturen zu schaffen, um im Sommer verlorene Lerninhalte nachzuholen und die Kinder für den Schulstart im September fit zu machen.

Bürgermeister Klaus Luger.

Es geht um gezielte Förderung von Kindern

Aus Sicht des Linzer Stadtoberhauptes geht es um die gezielte Förderung der Kinder aus den 3. und 4. Klassen der Volksschulen sowie aus den 1. und 2. Klassen der Neuen Mittelschulen (NMS). Eigens konzipierte Sommercamps für die 10-12-Jährigen sowie die gut ausgebaute Infrastruktur der städtischen Horte für die 8-10-Jährigen Kinder könnten hierbei geeignete Ansätze darstellen. Die Linzer Pädagogin Anna Weghuber, die vorrangig an der NMS Otto-Glöckel-Schule unterrichtet, hat ein diesbezügliches Projekt entwickelt, das sie dem Linzer Bürgermeister vorgestellt hat.

Corona hat die Schulwelt auf den Kopf gestellt. Lerninhalte online zu vermitteln, den Umgang mit modernen Medien sowie die Nutzung der dafür notwendigen Geräte so-wie Programme und Tools überforderten zu Beginn der neuen Situation sowohl man-che SchülerInnen, Eltern wie auch LehrerInnen. Mittlerweile hat sich das neue Sys-tem des Home-Schooling etabliert, Anlaufschwierigkeiten wurden zum Großteil ge-meistert. Dennoch ist es Fakt, dass vor allem schwächere SchülerInnen Schwierig-keiten bei der Erarbeitung der Lerninhalte haben.

Anna Weghuber

Positiver Zugang zum Lernen steht im Vordergrund

Aufgrund der derzeitigen Schulsituation soll durch spezielle Lernwochen in den Sommerferien schwächeren Kindern, die im Homeschooling strukturell und sozial benachteiligt waren und dadurch den Anschluss verloren haben, gezielte Förderung angeboten werden. Dabei soll für Kinder nicht die Angst vor Nachsitzen und schlechten Noten, sondern der positive Zugang zum Lernen im Vordergrund stehen.

Linzer Sommercamps für SchülerInnen der 1. und 2. Klassen der NMS: Pflichtfächer am Vormittag – Action am Nachmittag

Die Sommercamps sollen sich an Kinder zwischen 10 und 12 Jahren richten, die ihren Hauptwohnsitz in Linz haben und eine öffentliche Neue Mittelschule besuchen. Neben Lesen, Grammatik, Schreiben in Deutsch sowie Mathematik sollen auch kreative Fähigkeiten, Programmieren sowie Naturwissenschaften am Programm stehen. Die neu konzipierten Sommercamps sollen ab Ende Juli sowie während des gesamten August stattfinden. Jeweils eine Woche lang werden am Vormittag Deutsch und Mathematik als Kernkompetenz angeboten, am Nachmittag kann zwischen Kreativität, Programmieren und Naturwissenschaften ausgewählt werden.

Gemeinsam pro Woche 100 SchülerInnen fördern

Gemeinsam mit KooperationspartnerInnen sollen die Lernwochen an unterschiedlichen Orten in Linz stattfinden. Pro Woche können rund 100 SchülerInnen gefördert werden. Die Auswahl der Kinder soll anhand bestimmter, individuell festgelegter Kri-terien erfolgen (Probleme aufgrund Home-Schooling; Kinder, die zum Abschluss des Wintersemesters eine Frühwarnung bekommen haben, …). Die Schulen sollten die betroffenen Kinder vorschlagen. Dadurch ist gewährleistet, dass jene Kinder, die diese gezielte Förderung benötigen, tatsächlich auch erreicht werden.

Städtische Task Force wird Sommercamps organisieren

Die Organisation soll durch die Stadt Linz durch eine eigene Task-Force durch die Abteilung Schulen des Magistrates, der städtischen Kinder- und Jugendservice (KJSL), dem Geschäftsbereich Soziales, Jugend und Familie sowie Partnerorganisationen der traditionellen Sommer-Ferienaktion erfolgen. Sowohl ehrenamtliche HelferInnen als auch private KooperationspartnerInnen sollen für dieses Projekt gewonnen werden. Damit sollen sich im heurigen Sommer die Schwerpunkte ändern. Spiel und Spaß treten in den Hintergrund, die Vorbereitung auf das kommende, neue Schuljahr hat Vorrang.

Linzer Sommercamps für SchülerInnen der 3. und 4. Klassen der Volksschulen: Infrastruktur der städtischen Horte nutzen

Für förderbedürftige Kinder der 3. und 4. Klassen der Volkschulen sieht Bürgermeister Klaus Luger die Betreuung in den städtischen Linzer Horten als geeignete Drehscheibe. Die dort zur Verfügung stehende Infrastruktur sowie die Nähe zu den Schulen bieten die perfekte Umgebung für eine gezielte Förderung im Sommer. Die Verschränkung von Lerninhalten mit Freizeitelementen wären in den Räumlichkeiten sowie Freiflächen der Horte optimal möglich. Auch hier gilt es, die exakten Maßnahmen des Bildungsministeriums abzuwarten.

Wir dürfen jedoch keinesfalls auf die VolksschülerInnen vergessen, denn mit dem Ende der Grundschule fallen leider noch immer die wichtigsten Weichenstellungen für den weiteren Bildungsweg.

Bürgermeister Klaus Luger

Eine besondere Herausforderung für den Bund dürfte wohl die Rekrutierung von LehrerInnen während der Sommerferien darstellen. Hier appelliert das Stadtoberhaupt an die PädagogInnen, einen Teil ihrer neunwöchigen Sommerferien aus Solidarität den förderungsbedürftigen Kindern zur Verfügung zu stellen. Das wäre ein wunderbares Zeichen einer Berufsgruppe, die im Gegensatz zu aktuell 14.000 Arbeitslosen in unserer Stadt von keinen materiellen Existenzängsten bedroht ist.

Betreuung der Kinder im Sommer entlastet Eltern doppelt

Aufgrund der derzeitigen wirtschaftlichen Situation waren oftmals Eltern gezwungen, Urlaube zu verbrauchen und Zeitguthaben abzubauen. Das erschwert die Urlaubssituation und die damit einhergehende Betreuung im Sommer. Trotz bedarfsgerechter Öffnung der Linzer Horte im August ist es für viele Eltern schwierig, neben dem beruflichen Alltag ihre Kinder gezielt zu fördern und den Lernstoff aufzuholen. Die Elternwürden durch das neu geschaffene Bildungsprogramm doppelt profitieren: optimale Betreuungssituation im Sommer sowie gezielte Förderung von Lerninhalten.

Ziel der jetzt dringend notwendigen Bildungsprogramme muss es sein, das Auseinanderklaffen der Bildungsschere zu schließen sowie einen Beitrag gegen Ungerechtigkeit zu leisten. Es geht um die Erhöhung der Chancengleichheit. Die derzeitige Krisensituation darf keine nachhaltig negativen Auswirkungen auf den weiteren Bildungsweg mancher Kinder haben. Daher müssen wir diesen Sommer ansetzen und gezielt fördern. Die Vermittlung von grundlegenden Kompetenz wie Lesen, Schreiben und Rechnen soll die Kinder für den Schulstart im September fit machen.

Bürgermeister Klaus Luger

Weitere Vorgangsweise: Planungsstart bereits nächste Woche

Um dieses Linzer Projekt in den Sommerferien umsetzen zu können, wird Bürgermeister Klaus Luger gemeinsam mit Anna Weghuber die Linzer Kinder- und Jugendreferentin Vizebürgermeisterin Karin Hörzing, Bildungsstadträtin Eva Schobesberger sowie die leitenden Führungskräfte der Stadtverwaltung kommende Woche zu einem ersten Planungstreffen einladen.

 

Infos zur Person:
Anna Weghuber ist gebürtige Linzerin und seit 8 Jahren Lehrerin. Bevor sie 2017 ihr Studium für Elementare Musikpädagogik an der Anton Bruckner Privatuniversität mit Auszeichnung abschloss, studierte sie Mathematik und Musik an der PH Wien. Neben der NMS 5 (Otto-Glö-ckel-Schule) unterrichtet sie auch an der AHS der Kreuzschwestern Linz, leitet Musiksemi-nare und Migrationsprojekte. Gemeinsam mit ihrem Kollegen aus Deutschland, Sebastian Funk, hostet sie den digitalen Bildungspodcast „EduFunk“, ist im Team des Institutes Medien-bildung an der PHDL und Apple Professional Learning Specialist.

 

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